Kölner Skizzen, Heft 1 – 27. Jahrgang

– Vorgebirgspark Skulptur –
Eine privat initiierte Ausstellungsreihe im sechsten Jahr!
Warum findet die Kunst zuviel im Saale statt? – Warum ist die aktuelle Kölner Kunstszene zuwenig im urbanen Raum präsent? – Das fragen sich auch heute noch viele Kunstfreunde; trotz einiger bemerkenswerter Privatinitiativen der vergangenen zehn Jahre, denen partnerschaftlich auch die öffentliche Hand gereicht wurde. Alles richtig! Aber kennen Sie schon den schönen Vorgebirgspark in Köln-Raderberg, wo seit 1999 alljährlich an einem spätsommerlichen Septembersonntag ein Fähnlein ehrenamtlich Engagierter eine Ausstellung aktueller plastischer Kunst veranstaltet?- Noch nicht?! – Dann laden wir Sie zum kommenden 11. September 2005 herzlich ein, ab 11 Uhr dabei zu sein! Parkeingang Kreuznacher Strasse; dort, wo Heinrich Böll seine Kindheit verbrachte. Unter dem optimistischen Motto „Kunst im Park“ fanden wir uns 1997 als Interessengemeinschaft zusammen, der sich bis heute anschlössen: fünf Mitarbeiter des Kölner Amtes für Landschaftspflege und Grünflächen, des Stadtplanungsamts und des Amts für Brücken und Stadtbahnbau (einer, inzwischen Stadtdirektor einer NRW-Stadt, blieb unserer res publica treu), ferner ein Architekturprofessor der FH Köln, ein städtischer Museumskurator und die Leiter des Kunstraum Fuhrwerkswaage und der Moltkerei Werkstatt. Das Kulturamt der Stadt Köln hielt uns stets einen Spalt weit seine Tür geöffnet, wie auch die örtlich zuständige Bezirksvertretung Rodenkirchen (BV 2) sämtliche Projekte mit einem verlässlich pulsierenden Obolus förderte. Den größten Beitrag zu den regelmäßig neu benötigten Budgets für Herstellungskosten und Kataloge schulterten jedoch interessierte und treue Sponsoren, die alle Jahre wieder von der IC gewonnen werden konnten. Ihnen allen gilt unser herzliches Dankeschön für die bisher geleistete Unterstützung; ebenso den pflegenden Gärtnern des Vorgebirgsparks! Vier charakteristische Gartenräume, vom renommierten Kölner Gartendirektor Fritz Encke vor einhundert Jahren dem weiträumigen Vorgebirgspark als ruhige Chambres separees vorgesetzt, inspirierten alle bisher mitwirkenden Künstlerinnen und Künstler zu unkonventionell innovativen Skulpturen, Installationen und Enviroments, die mit Phantasie auf die verschiedenartigen Ambiente eines Rosengartens und eines Baumhofs, eines Südgartens und eines Staudengartens antworteten. So ließ Bettina Gruber im vergangenen Jahr eine wirkliche Schafherde das poetische Schattenspiel vom „bösen Wolf“ grasend ignorieren! Ab 1999 fanden insgesamt fünf Ausstellungen der „Vorgebirgspark-Skulptur“ statt. Aus konservatorischen Gründen zumeist nur als Abfolge von Eintages-Präsentationen! Verschiedene Künstlergenerationen, Kunstrichtungen und Medien treffen zusammen. 1999 inszenierten Heinz Breloh, der Berliner Rolf Julius und Andreas Kaiser, Thomas Klegin, Heike Pallanca und Erich Reusch sowie Andrea Ostermeyer ihre Installationen, die thematisch Ironie, barocke Lebensfreude und, dank Kirsten Kaiser aus Münster, auch den sportlichen Ehrgeiz ansprachen.
Im Jahre 2000 war der begehbare „Gehörgang“ des Frankfurter Bildhauers Claus Bury die solitäre Attraktion. Die bauhandwerklich aufwändige Holzskulptur aus zwei teleskopartigen Tunnelgängen von insgesamt 34 Metern Länge eröffnete ungewöhnliche Perspektiven aktiver Wahrnehmung und erfreute die Parkbesucher bis zum Sommer 2001. Realisiert mit Unterstützung eines Frankfurter Sponsors, steht das monumentale Kunstwerk heute vor dem neuen Kalk-Carree. Mit ihren aspektreichen lichtkinetischen und akustischen Kunstwerken verwandelten einige Professoren und Studenten der Kölner Kunsthochschule für Medien den Vorgebirgspark im September 2000 in einen magischen Ort für neue Medien.
Im darauffolgenden Jahr aktivierten die unterschiedlichsten plastischen Arbeiten von Paul Isenrath und Victoria Bell, von Christel Fetzer und Heinrich Brummack die Sinne des Publikums. Tina Haases Ensemble im Rosengarten weidender Motorrad-Phantome trieb mit der Wahrnehmung sein surreales Wechselspiel, und vier rote Ballongiganten, von den Gebrüdern Dirk und Maik Löbbert an die verwaisten Steinsockel des Staudengartens geknüpft, schwebten rätselhaft hoch über den Baumkronen und markierten ironisch die ambivalente Ideenwelt der modernen Skulptur.
Um die 2002 wegen einer finanziellen Flaute eingelegte Pause zu verkürzen, startete das nächste Projekt der „Vorgebirgspark-SkuIptu r“ bereits im Frühjahr 2003. Monika von Wedel lockte die Besucher in ihr rotes „Klangzelt“, Sery C. aus Düsseldorf zeigte die vier erwähnten Sockel sich malerisch häuten, Marek Goldowskis totemartig mit Lautsprechern bestückter „Baum“ tönte, und Klaus Dauvens Reinigungsarbeiten ließen auf den verwitterten steinernen Randflächen des Wasserbeckens einen poetischen Fries aus Seerosensilhouetten zeitlich begrenzt erscheinen und inzwischen fast verblassen. Das Ausstellungsprojekt 2004 stand im Zeichen der Kölner Kunstszene. Klaus Osterwalds Klanginstallation bot im physisch gegenwärtigen Staudengarten das sinnliche vergleichende Nacherleben der fiktiv vor „90 Jahren“ aufgenommenen Zeichengeräusche Fritz Enckes. Nora Schattauer ließ im steinern umrahmten Wasserbecken ihr größtes „Liegendes Bild“ sprudelnd sich selbst malen. Bettina Grubers „bukolische Photismen“ wurden schon erwähnt. Und im Baumgarten baumelte ein riesiger pelziger „Deichmörder“, den Frauke Wilken in einem 35 Meter überspannenden giftgrünen Netz gefangen nahm und der sich streicheln ließ.
Auch am kommenden 11. September wird es spannend werden! Wir laden Sie zum flanierenden Miterleben der „Vorgebirspark-Skulptur 2005″ herzlich ein und stehen Ihnen, gemeinsam mit den ausstellenden Künstlern, an Ort und Stelle für Fragen und Gespräche zur Verfügung. Es wird auch Boule gespielt.

Ihre Interessengemeinschaft „Kunst im Park“

Kölner Stadtanzeiger  (2005 – 09 – 08)

Dem Tod einen Sarg gezimmert
Die Ausstellung „Kunst im Park“ bot spannende Installationen.

Raderberg – Der Staudengarten – nördlicher Teil der vom Landschaftsarchitekten Fritz Encke 1910 angelegten Gartenanlage im Vorgebirgspark – ist ein Ort von klassischer Strenge. Flankiert ist er von himmelwärts züngelnden Eibenreihen, die unterbrochen werden von Grabmalen ähnlichen Steinblöcken; ein zentraler Weg führt zu einer leichten Anhöhe, die wie eine Freiluftbühne wirkt. Eine Gestaltung, die den Künstler Bernd Ikemann für die Freiluft-Ausstellung „Kunst im Park“ zu einer Skulptur inspirierte, die so manchen verschreckte.
Die Besucherin Elizabeth Schroeder erzählte: „Als ich den Garten betreten habe, drehte sich mir der Magen um.“ Ursache dafür war ein übergroßer, schwarz lackierter Sarg, in Schräglage auf der Anhöhe platziert. Doch wessen Leiche sollte nur in dem wuchtigen, Furcht einflößenden Ding liegen? Bernd Ikemann klärte auf: „Der Riese -eine Metapher für den Tod.“ Es sei der sehnlichste Wunsch des Menschen, den Tod abzuschaffen, deshalb habe er ihn eigenhändig in diesem Sarg aufgebahrt. Besonders die Eiben in der Umgebung hätten ihn dazu gebracht, in seinem Kunstwerk den Tod zu thematisieren: Sie seien schon in vielen Bildern bekannter Maler mit dem Tod in Verbindung gebracht worden.

Auch in diesem Jahr galt es bei der Ausstellung „Kunst im Park“, die Encke’sche Gartenanlage mit Installationen unterschiedlichster Couleur korrespondieren zu lassen. Neben Ikemann wählten die Veranstalter – ein Zusammenschluss von Kölner Ausstellungsmachernsowie Vertretern der Stadtverwaltung -drei weitere Künstler aus, die beauftragt wurden, Kunstwerke für den Park zu schaffen. Bruno Gronen wählte für das Entree des Baumgartens eine monströse, mit Neonröhrenversehene Kabeltrommel, wie sie bei Straßenbauarbeiten verwendet wird. Eine Zweckentfremdung, die absurd und deshalb amüsant wirkte. Ebenfalls ein technisches Werk kreierte Max Scholz: ein Besen, der mit einer Parkuhr verknüpft war, und der dringend auf die Unterstützung des Betrachters angewiesen war – ein Stoß, und er pendelte im Takt eines Metronoms. Ob dadurch die Sysiphusarbeit des Waldauskehrens gemeint war? Von einer derlei ernüchternden Erkenntnis konnte bei Annabarbe Kau keine Rede sein, sie spielte eher mit romantischen Klischees. Kau hatte an das bogenförmige Geländer des Rosengartens sechzehn miteinander verkabelte Lautsprecher drapiert, aus denen in Endlos-Schleife das Wort „rot“ drang.
von Phillip Wurm

Kölnische Rundschau   (2005 – 09 – 08)

Kunst mit Besen und Sarg

Im Vorgebirgsparkfand eine eintägige Ausstellung statt

Raderthal Viele Besucherriebensich verdutzt die Augen, als sie die Gartenanlage am östlichen Rand betraten: Ein überdimensionaler Sarg war dort zu sehen, eine riesige Kabeltrommel mit farbigen Neonröhren, ein baumhoher Besen, 16 Lautsprecher entlang der Rosenpergola und ein mit Gummibändern überspanntes Gartenbeet Kunstinteressierte verwunderte das alles nicht. denn sie wussten Bescheid über die .Skulptur Köln 2005″ eine eintägige Ausstellung der Interessengemeinschaft Kunst im Park“ (IG).

Dabei bewiesen die vier Kölner Künstler, die von der IG für die diesjährige Ausstellung ausgesucht worden waren, viel Mut und stellten sich der Herausforderung, ihre Werke mit der gartenarchitektonischen Umgebung in Wechselwirkung zu bringen .Wir möchten nicht irgend etwas sehen, das die Künstler im Atelier stehen haben‘, erklärte Mitinitiator Joachim Bauer , hauptberuflich im Grünflächenamt tätig. Bereits zum sechsten Mal organisierte die IG die außergewöhnliche Ausstellung, die einmal im Jahr stattfindet und über Sponsorengelder finanziert wird.

Auch diesmal bot steh dem kunstinteressierten oder zufällig vorüberschlendernden Publikum eine gelungen« Mischung.So imponierte Annebarbe Kaumit einem akustischen Werk: Aus 16 Lautsprechern. die links und rechts an der Pergola befestigt waren, teilten flüsternde Stimmen den Besuchern Eigenschaften der Farbe Rot zu. Wer die Spur der Kunst weiter verfolgte, dem stellte sich Brune Gronens Kabeltrommel in den Weg. Das nahezu drei Meter hohe Gebilde ließ er mittels leuchtender Neonröhren in rot, blau und gelb erstrahlen. Danach wurden die Neugierigen magisch durch einen bombastischen Sarg im nächsten Garten angelockt. Bernd Ikemanns Erklärung, mit seinem Werk »Der Riese ist tot“ wolle er den .Staudengarten in einen Märchengarten verwandeln zu wollen. wirkte irgendwie beruhigend; .ist es nicht der sehnlichste Wunsch unserer Gesellschaft. den Tod zu besiegen?“. Der Tod also warder ominöse Riese, der da hilflos im Sarg lag.

Beruhigt konnten sich die Betrachter nun noch den elektronischenInstallationen von Max Scholz widmen Einerseits dem Besen, dessen Stil bis in die Baumkronen reichte und der ab und zu wie von Geisterhand in Schwingung versetzt wurde. Scholz brachte so Technik und Natur in verblüffenden Einklang.

von Angelika Staub

Die schönsten Gärten und Parks NRW

Blücherpark und Vorgebirgspark – Text von Carl Friedrich Schröer

J.B. Bachem Verlag Köln

Adresse: Vorgebirgspark: Köln-Raderthal, Kreuznacher Straße Blücherpark: Köln-Ehrenfeld, Parkgürtel

Besondere Serviceangebote: temporäre Ausstellungen zeitgenössischer Kunst Gartentyp: Volkspark/Großstadtgrün
Historische Gartenanlage ♦ Wasserspiele/Brunnen/Bedeutende Wasseranlage

Im Norden Kölns waren um die Jahrhundertwende die bevölkerungsstärksten Industrievororte Ehrenfeld und Nippes entstanden. Als auch der noch vorwiegend landwirtschaftlich genutzte Raum zwischen den beiden Vorstädten bebaut werden sollte, setzte sich der Plan durch, im Zentrum der neuen Wohnbebauung einen Volkspark anzulegen. Ausgewiesen wurde eine 17,7 Hektar große, rechteckige Fläche, um eine östlich angrenzende Ziegeleigrube erweitert. Es sollte die erste Kölner Large-Scale-Grünanlage werden. Sie war in einem streng architektonischen Gartenstil um eine Haupt- und Symmetrieachse entworfen. Antike, auch barocke Vorbilder aufgreifend, wurden in ihrer zentralen Achse eine Folge von rechteckigen Frei- und Wasserflächen angelegt, die sich auch für Kundgebungen und Massenveranstaltungen eignen.
Die beiden Endpunkte der Zentralachse betonte Fritz Encke (1861-1931) durch Gruppen von Pyramidenpappeln. In den beiden flankierenden, boskettartigen Partien gliederten sich begrünte Wandelgänge, Kastanienalleen und intimere Separatgärten an.

Der Blücherpark wurde zum Volkspark und bietet auch heute noch entsprechend vielfältige Bewegungs- und Erholungsmöglichkeiten: das rechteckig gefasste Wasserbecken zum Kahnfahren und Schlittschuhlaufen, die Wiesenflächen zu Ballspielen und Lagern. Abgeschlossene Kinderspielplätze, eine Plantschgelegenheit, Tennisplätze, zwei unterschiedlich gestaltete Ruhegärten, schattige Promenaden und größere Kiesplätze stellen ein differenziertes, betont breites Nutzungsangebot bereit. Kennzeichnend ist die Volkswiese, eine baumumstandene Rasenfläche, die Freiluft-Veranstaltungen mit umfangreichen Besuchermassen aufnehmen kann. Als Gegengewicht zur Großfläche entwarf Encke „Ruhegärten“, schattigere Plätze zur Erbauung, so etwa den „Brunnengarten“. Als gesellschaftlicher Mittelpunkt der Anlage (Anfangs hieß sie „Herkulespark“) war ein „Volkshaus“ geplant, das nicht nur Gartenrestaurant, sondern auch Stätte der Volksbildung sein sollte. Encke griff hier offensichtlich auf Vorstellungen aus Amerika zurück. Encke bediente sich großzügig aus dem Formenschatz der Gartenkunst, um eine völlig andere Zweckbestimmung zu erreichen. Über den Blücherpark schrieb er:…..nicht dieNachahmung jener Kunstrichtung war die Ursache der Gestaltung, sie ergab sich vielmehr aus dem Bestreben, den neuzeitlichen Anforderungen, welche man an den Volkspark einer Großstadt stellen muss, gerecht zu werden.“
Der Vorgebirgspark kann als Pendant des Blücherparks angesehen werden, der zur selben Zeit entstand. Zwischen 1909 und 1911 geplant, liegt er im Süden Kölns zwischen den Vororten Zollstock, Raderberg und Raderthal. Mit seinen 13 Hektar sollte auch er für einen neuen Stadtteil „eine Art Mittelpunkt und Ausflugsziel“ werden. Standen beim Blücherpark französische Barockanlagen Pate, waren es beim Vorgebirgspark englische Landschaftsgärten. Encke hatte 1909 an einer Englandreise teilgenommen und u.a. den Londoner Hydepark mit seinen ausgedehnten Wiesenflächen und Wasserflächen besucht. Der Vorgebirgspark nimmt an diesem Vorbild Maß. Wie beim Blücherpark verstand es Encke meisterlich, das Formenrepertoire der Gartenkunst zu nutzen, um das Konzept Volksgarten zu erneuern. Die neue, formale Qualität wurde durch Vereinheitlichung gewonnen. Der großformatige, einheitlich behandelte, in seinen Grenzen und Dimensionen klar erkennbare Binnenraum entstand. Er besteht im Wesentlichen aus drei baumumsäumten, frei ineinander übergehenden Rasenflächen, „Volkswiese“ genannt, einem „Plantschweiher“ und drei seitlich angegliederten, architektonisch gefassten Ruhegärten. Auch sie hatten vor allem familienbezogen zu sein, sollten sie doch „einigermaßen Ersatz“ für Bevölkerungsschichten bieten, die ohne eigenen Hausgarten leben mussten. Diese am östlichen Parkrand angegliederten, geometrischen Sondergärten, zwei Staudengärten und ein Rosengarten sind durch einen Baumplatz mit geschnittenen Linden verbunden. Gerade von diesem Platz aus öffnet sich dem Besucher ein weiter Blick in die Tiefe des Parks. Zur Belebung finden hier in den letzten Jahren Kunstaktionen statt. Nach Enckes eigener Auffassung war mit dem Vorgebirgspark „der erste neuzeitliche Volkspark“ in Köln geschaffen. Da die Wohnbebauung nicht ausgeführt wurde, bot sich nach dem Zweiten Weltkrieg die Möglichkeit, den Grünzug Süd zwischen Volksgarten und Äußerem Grüngürtel unter Einbeziehung des Vorgebirgsparks anzulegen.