Auf Bildern halten vom Wind bewegte Fahnen still. Was aber, wenn sie es in der dreidimensionalen Wirklichkeit auch tun, kein Wehen des merklichen Windes sie mehr bewegt? Michael Jägers Farben-Fahnen bauschen sich, halten aber wie erstarrt diesen Zustand fest und kein Lüftchen, kein Sturm kann daran etwas ändern. Farbrauschen erzeugt eine Art Zeitriss, denn der zeitenthobene Stillstand des Bildes wird hier an fünf greifbaren einfarbigen Fahnen exemplifiziert, die der Künstler im Staudengarten des Vorgebirgsparks aufgestellt hat, einem mutmaßlich dem üblichen dynamischen Zeitfluß unterworfenen Areal. Eine zusätzliche Verunwirklichung erfährt dieses Ensemble durch die jeder Wahrscheinlichkeit spottende Ausrichtung der Fahnen. Diese wie gefrorenen Tücher sind nicht nur der Formveränderungen entzogen, sie markieren zugleich einen real unmöglichen – oder vielmehr: einen nur dem Kunstwerk möglichen – Augenblick, weht hier der Wind doch auf wenigen Quadratmetern zugleich aus verschiedenen Richtungen, bauschen diese Gleichzeitigkeitswinde die Fahnen hierhin und dorthin. Der Zeitriss wäre so gesehen ein doppelter. Farbrauschen handelt nicht nur von einem Aussetzen des Zeitvergehens, sondern präsentiert auch einen phantastischwidersprüchlichen Augenblicksanblick, einen Zeitpunkt, der zugleich fünf Zustände vereinigt, die eigentlich nur als Abfolge von einander aus-schließenden Situationen möglich sind; mithin aus einem Entweder-Oder, einem Nach und Nach ein Alleszugleich macht.
Solch verquere Überlegungen lassen sich fortsetzen mit der Frage: Sind es Fahnen oder ist es eine Skulptur? Und die keineswegs ausweichende Antwort wäre: Eigentlich ist es Malerei. Was bei einem Maler, zumal einem an der Wirklichkeit der Farben in Alltag und Leben so interessierten wie Michael Jäger kaum verwundert, der sich in seinen raumgreifenden Wandarbeiten, seinen malerischen Installationen und andern Projekten immer wieder mit Farbinterventionen, der Implantation von Farbe im mehr oder weniger öffentlichen Raum beschäftigt.