BILDERGALERIE

straight edge

Eine offiziöse Verlautbarung zur überraschenden Umbenennung des Vorgebirgsparks könnte etwa folgenden Wortlaut haben: „In der langen Geschichte der Namensgebung von öffentlichen Parkanlagen und Plätzen wird hier und heute erstmalig zu Ehren eines noch lebenden Künstlers eine Grünanlage eingeweiht. Das bislang wegen ihrer Lage Vorgebirgspark genannte Areal wird fortan den Namen Frank-Bölter-Park tragen. Üblicherweise verdienen herausragende Persönlichkeiten durch ihr außerordentliches Wirken während ihrer gesamten Lebens- und Schaffenszeit eine derartige Würdigung als Zeichen der öffentlichen Anerkennung. Folglich wird ihnen diese Ehre jedoch erst nach ihrem Ableben zu Teil. Für den Künstler Frank Bölter wird nun erstmals eine Ausnahme gemacht. Sie ist begründet durch die intensive Wirkung seiner vielfaltigen öffentlichen Aktionen und Auftritte und durch seine große, aus diesem kompromisslosen und mutigen Schaffen erwachsende Reputation, die ihn in der schwierigen Phase der Namensfindung zum einzig möglichen Kandidaten hat werden lassen. Er hat mit seinen eindrucksvollen und viel beachteten Aktionen im öffentlichen Raum immer wieder für Aufsehen gesorgt, aufgerüttelt. Erinnert sei nur an seine waghalsige Bootsfahrt über 600 Seemeilen in einem Papierschiff kreuz und quer durch Europa …“ Ein entsprechendes Straßenschild Frank-Bölter-Park ist bereits aufgestellt. Zudem wird ein allerdings noch nicht ganz vollendetes Denkmal für den Künstler die Umbenennung der Grünanlage auf den noch ungewohnten Namen Frank-Bölter-Park nachhaltig im öffentlichen Bewusstsein verankern. Vorerst steht nur ein erstaunlich konventioneller Sockel umgeben von ebenso konventionellem Blumenschmuck im Zentrum des als Einganszone des Parks dienenden Baumhofs.straight edge ist der Name einer Konstruktion von Sebastian Dannenberg. Wörtlich übersetzt heißt es soviel wie „gerade Kante“, im übertragenen Sinne bedeutet es „nüchterner Vorteil“. straight edge ist eine Strömung innerhalb der Punkszene, ein über Musik und Kleidung hinausgehende Lebenshaltung, die vor allem durch den Verzicht auf eine promiske Lebensweise, Drogen und Alkohol geprägt ist. Zudem kann der Titelbestandteils „straight“ soviel wie „gerade, grundehrlich, aufrichtig, tatsachentreu, klar, einfach, ernst“ heißen.

straight edge von Sebastian Dannenberg ist eine Konstruktion, die eine Malerei ist. Sie stellt einen einfarbigen Pinselstrich aus. Es handelt sich um einen fast die ganze Länge des Malgrundes einnehmenden Farbzug, ausgeführt mit Kunstharzlack in Reinorange. Diese mit breitem Quast gesetzte Bahn markiert den Bereich der Falz, betont die Spezifik dieser Konstruktion. Der Malzug hat eine definierte Länge, einen Anfang und ein Ende. Sein Abstand zur rechten Schmalseite des Malgrundes ist rechts deutlich größer als der zur linken Seite, was die die Symmetrie des Parks störende Platzierung nochmals betont.

straight edge von Sebastian Dannenberg ist eine Malerei, die unterhalb der Augenhöhe und parallel zum Boden situiert ist. Sie hat keinen unmittelbaren Kontakt zu einer Wand. Sie hängt nicht, sie steht frei im Raum. Sie ist kein Bild. Sie ist etwas anderes. Es ist eine Malerei, die einfach und unübersichtlich ist. Sie ist nicht auf einmal zu sehen und muss abgeschritten werden. Erst im Vorübergehen zeigen sich zahlreiche Details wie Unregelmäßigkeiten des Malgrundes, Farbtropfen und zufällige Farbspuren außerhalb des Pinselzuges. Sichtbar wird die Abhängigkeit der Farbe vom Licht. Die gemalte Farbe erscheint je nach Sonnenstand, Verschattungen und Lage zum Licht als ein klares, kräftiges Orange oder als ein gedämpftes Rotbraun, sie kann matt oder glänzend sein. Diese differierenden Erscheinungsweisen stehen bedingt durch die Winkelung des Malgrundes unvermittelt nebeneinander. Dieser Pinselstrich ist nichts anderes als ein Pinselstrich in einer bestimmten Farbe. Er demonstriert Malerei. Es gibt keinen (Be)Deutungsspielraum. straight edge ist eine Konstruktion, ist eine Malerei, die an Ort und Stelle als ein Ganzes und in ihren Einzelheiten, ihren (Aus)Maßen, ihrer Ausrichtung am Vorhandenen und unabhängig davon in ihrer nüchtern-schönen Tatsächlichkeit zu sehen ist.

Jens Peter Koerver

VITA

Vita

1980……………geboren in Bottrop

2007…………..Diplom als Kunstpädagoge

2008 – 2012Studium an der AdBK Karlsruhe bei Prof. Leni Hoffmann

seit 2012         Studium an der HfK Bremen bei Prof. Stephan Baumkötter

2010……………Stipendium Cusanuswerk, Bonn

2010……………Förderung Ursula Ströher-Stiftung, Basel

2013……………Auszeichnung, Daniel Frese-Preis, Lüneburg

2010……………bis 2012 Mitglied, plan b, Freiburg

Ausstellungen (Auswahl)

 2013……………Vorgebirgsparkskulptur, Köln (g)

 2013……………Wandstücke, Galerie Barbara Oberem, Bremen (g)

 2013……………Bob’s Service, Wuppertal (g)

 2013……………trailerpark, adhoc, Bochum (e)

 2013……………Bremer Förderpreis, Städtische Galerie Bremen (g)

2012……………Regionale 13, Kunstraum Riehen, Basel (g)

 2013……………[balk], Bern (e)

 2013……………PMB-Kunstpreis, Große Kunstschau, Worpswede (g)

 2013……………Warteraum, HfK Bremen (g)

 2013……………UPPER, GaDeWe Bremen (e)

2011……………X, plan b, Freiburg (g)

 2013……………regionale 12, La Kunsthalle, Mulhouse

 2013……………& Kunstraum Riehen, Basel (g)

 2013……………room 24, Freiburg (e)

 2013……………young at art, Zürich (g)

 2013……………(e = Einzelausstellung)

 2013……………(g = Gruppenausstellung)