Water-Gate
Es kommt auf das Wetter an. Vom Licht, vom Einfallswinkel der Sonnenstrahlen hängt es ab, wie sich Robert Gschwantners Arbeit zeigt. Möglicherweise hält sie sich diskret verborgen, ist erst für den dicht am Bassin Stehenden zu sehen, dem Wasser zu ähnlich, zu durchsichtig und still, um schnell bemerkt zu werden. Vielleicht treibt sie dort wie eine bleifarbene Platte, dicht und schwer. Sollte es sonnig sein, schwebt sie im Wasser, begleitet von lichten Schatten am Boden des Bassins, verwandelt in eine glitzernde, von Lichtreflexen überzogene Zone, die mit ihrem Gleißen ihre eigene Materialität überblendet, sie in Helligkeit auflöst, sich funkelnd exponiert.
Robert Gschwantners im Bassin des Rosengartens schwimmende Skulptur Water-Gate besteht aus 175 Glasbausteinen, die zu einem nicht ganz quadratischen Feld mit einer rechteckigen, knapp eineinhalb Quadratmeter großen, aus der Mitte verschobenen Aussparung arrangiert worden sind. Die Gesamtfläche und die durch die Öffnung entstandene Binnenform stehen in einer ruhigen, sich von selbst verstehenden, jedoch keineswegs spannungslosen Relation zueinander.
Glasbausteine sind trotz ihres hohen Gewichts schwimmfähig. Als aus zwei eckigen Schalen zusammen gesetzte Hohlkörper treiben sie wenige Zentimeter über der Wasseroberfläche. Die für Water-Gate verwendeten Stücke sind Sonderanfertigungen, die noch nicht mit dem für die Weiterverarbeitung üblichen umlaufenden Steg aus Lack versehen sind. Mittels einer einfachen Konstruktion aus Nylonfäden, Drahthaken und Metallringen lassen sie sich beliebig zu größeren Flächen verbinden. Ein die ganze Arbeit umspannender Nylonfaden hält die klare, leicht überschaubare Form stabil. Trotzdem bilden die Steine keinen starren Verband, ihr Gefüge erinnert eher an einen Teppich. Die einzelnen Elemente dieses stets geordneten Feldes bleiben beweglich, können vom windbewegten Wasser geschaukelt leicht gegeneinander schlagen, ein feines klirrend-klingelndes Geräusch verursachend. Wind wird die nicht weiter fixierte Skulptur auf dem Teich driften lassen, folglich gibt es keine ideale Position der Arbeit innerhalb der Wasserfläche. Mobilität gehört ebenso wie ihre sich mit Sonnenstand und Lichtverhältnissen stetig verändernde, unvorhersehbare Erscheinung zum Konzept von Water-Gate.
Der Titel der Skulptur – ein so im Englischen nicht existierendes Wort – ruft zunächst historische Assoziationen wach, erinnert an den Watergate-Skandal der frühen siebziger Jahre, der im Rücktritt des amerikanischen Präsidenten Nixon gipfelte. Jedoch führt dieser Hinweis in eine Sackgasse des Verstehens, da die sichtbare Arbeit Gschwantners und das geschichtliche Faktenwissen – durchaus absichtsvoll – in keine produktive Beziehung zu bringen sind. Hilfreich ist hingegen eine wortwörtliche Übersetzung: Wasser-Tor. Sie bestätigt eine architektonische Lesart der Arbeit als Wandfläche mit Öffnung, einem Fenster oder Tor. Water-Gate wird so gesehen zu einer liegenden, schwimmenden Wand, einer zumindest teilweise transparenten Zone, die im durchsichtigen Medium Wasser treibend, ein Stück dieses Wassers rahmt und so zu einem fokussierten, konzentrierten Blick hinein in diesen Wasserraum, unter, hinter und inmitten der flexibel beweglichen Wand aus Glas animiert. Water-Gate zeigt als Tor aus Wasser und zum Wasser hin eben dieses: Wasser. Leicht und elegant stellt Robert Gschwantners Arbeit dieses elementare Material aus, macht es zum Träger, Mitspieler und Exponat seiner Skulptur.
Jens Peter Koerver
Vita
1968 ——–geboren in Steyr, Österreich
Ausbildung zum Technischen Zeichner und Tätigkeit als Bühnenbildner
Lebt und arbeitet in Berlin
Einzelausstellungen (Auswahl seit 1998)
2008——-1662, Gitte Weise Galerie, Berlin (D)
————–2020, Artmark Galerie, Wien (A)
2007——–Robert Gschwantner, Galerie ad astra, Kurim-Brno (CZ)
2006——–Das wiedergewonnene Weiß, Galerie Ulrich Mueller, Köln (D)
————–Prestige Landscape Paintings, Chiesa del Luogo Rio, Livorno (I)
2005——–New Works, Gitte Weise Galerie, Berlin (D)
————–Sphaeren Wechsel Wirkung, Artmark Galerie, Wien (A)
————–Black Atlantic, Otwarta Pracownia, Krakau (PL)
————–Lives and Works in…, Paolo Maria Deanesi Gallery, Rovereto (I)
2004——–Transparenzformationen, Sergio Tossi Arte Contemporanea, Firenze (I)
2003——–The Ethanediol-Connection, Galerie Ulrich Mueller, Köln (D)
2002——–Merd Total – The Enka Project, Fondazione IDIS -Cittä della Sdenza, Napoli
————–Oil-Paintings, Grantpirrie, Sydney (AUS)
————–Oil-Paintings 2, Galleria Maria Cilena, Milano (I)
————–Untitled, II Ponte Contemporanea, Roma (I)
2001——–Sires Songs, Mimmo Scogniamiglio, Napoli (I)
2000——–Achille Lauro, Galerie Ulrich Mueller, Köln (D)
————–Oceanos, II Ponte Contemporanea, Roma (I)
1999 ——-Diamond Grace, II Ponte Projects, Roma (I)
1998——–EE80 Ashlessdispersant, B & D studio Contemporanea, Milano (I)
Ausstellungsbeteiligungen (Auswahl seit 1998)
2008——-Avant Garden, Intermediae – Matadero, Madrid (ES)
————-La Casa degli Artisti, Palazzo d’Accursio, Bologna (I)
————-Materiale-Immateriale, Museo M.U.S.C.A., Comune di Scala & Palazzo –Sasso, Ravello (I)
2007——-Kardinal König Kunst-Preis, Kunstraum St. Virgil, Salzburg (A)
2006——-Rendevous mit Gitte, Gitte Weise Galerie, Berlin (D)
————-Strade Bianche – Kill the butterfly, Casale Marittima (I)
2005——-VIII Premio Casoli, Serra San Quirico (I)
2004——-Minds eye, Hazelshurst Regional Gallery & Arts Centre, Sydney (AUS)
————-LUCIda MENTE, Fortezza del märe, Porto Venere (I)
————-Phänomen Landschaft, NO Landesmuseum, St. Polten (A)
————-Entgrenzungen/Weiterungen/Transfers, 00 Kunstverein, Linz (A)
2003——-Orte(n) der Stille, Artmark Galerie, Spital am Phyrn (A)
————-The Last Judgement Project, The Rainier Room- Seattle Centre, Seattle –(USA) 2001 Wasted – Metis
2001——-Canberra Contemporary Art Space, Canberra (AUS)
1999——-Pompeiorama, Museo Comunale Casina Pompeiana, Napoli (I)
————-Percezione 3000, B & D studio Contemporanea, Milano (I)
1998——-1. Biennale di Parchi, Natura e Ambiente, The Japan Foundation, Roma (I)
————-Plastik – die letzten Jahre, Galerie Ulrich Mueller, Köln (D)
Adresse
Petersburger Straße 91
10247 Berlin