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Die Chromatik der Gummibänder

Nahe bei den vier Ecken des rektangulären Gartenareals stehen vier kubische Sockel. Früher trug jeder von ihnen eine Skulptur. Heu­te stehen sie leer – eine Heraus­forderung für Künstlerinnen und Künstler. Heinz Breloh erneuerte die ursprüngliche Funktion und plat­zierte große Terrakottaschalen mit Cupidofiguren darauf. Die Brüder Maik und Dirk Löbbert machten sie zur Basis riesiger Luftballons, die über dem Gartengeviert ein ima­ginäres stereometrisches Gerüst aufrichteten und es wie fliegende Bojen markierten.

Christel Fetzer wählt einen vollkom­men anderen Ansatz. Sie macht die Sockel selber zum Thema und gibt jedem die Qualität eines Ecksteins besonderer Art. Sie verdichtet die leicht verschluderte Geometrie des Grundrisses – ein rechtwinkliges Wegsystem, niedrige Terrassen, geschnittene Hecken – in vielfach repetierten Horizontalen. Sie zieht dabei ca. 150 Meter waagrechter Linien über jeden Block. Diese Eckmarkierung bindet die Wege zusammen und gibt ihnen vier Mal starken Halt. Sie verspannt das Gelände durch Pointierung und nimmt es in den Griff. Der Garten gewinnt ein Stück seiner ehemali­gen regulierenden Energie zurück. Deshalb vergleicht die Künstlerin ihre Arbeit zu Recht mit der eines Gärtners, „der versucht, eine Ord­nung in die sonst wild wuchernde Natur zu bringen.“

Christel Fetzer umspannt jeden Sockel mit ca. 50 ‚Deuserbändern‘ – das sind industriell gefertigte Gum­mibänder in den Farben rot und blau. Die roten Bänder sind jeweils 3 cm, die blauen 1,5 cm breit und wechseln in regelmäßigen waage­rechten Lagen. Der Sockel wird nahezu vollständig umspannt und verwandelt sich in ein farbiges Signal. Wegen seiner doppelten Breite dominiert Rot. Es nimmt überdies komplementären Kontakt zur grünen Umgebung auf und wird dadurch noch verstärkt. Das Blau, ohnedies flüchtiger, zieht sich wie in waagerechte Nischen zurück, doch es reicht aus, um das Rot in ein flir­rendes Violett zu brechen. Je weiter wir uns entfernen, desto enger ver­schmelzen die Farben. Im Wechsel von Nähe und Distanz nehmen die Sockel so die ganze Weite des Gar­tens, den landschaftlichen Raum in sich herein. Eine komplexe Inter­aktion der Farben – weit über den einfachen Kontrast hinaus.

Beziehungen zur Malerei sind nicht zu übersehen. Denn die Sockel wer­den nicht nur horizontal strukturiert, sondern chromatisch interpretiert. Frontal oder von der Seite gesehen, ergeben sich Farbfelder, die an ein­schlägige Bilder erinnern. Auch ein Schuss Op-Art kommt ins Spiel. Dennoch zielt Christel Fetzer auf keine malerische Strategie. Wie ihr Lehrer Ruthenbeck antwortet sie auf einen harten Kern mit einem weichen Material. Sie behauptet dabei durchaus ihre Authentizität, die stets um Farben kreist. Um Farben, die mit dem Material (in die­sem Fall Gummi) vorgegeben sind. Der malerische Effekt geht im Objekt auf, das Objekt identifiziert sich mit dem malerischen Effekt.

Wir bleiben also im Raum einer künstlerischen Methode, die Farbe als Readymade übernimmt und setzt. Ich erinnere mich an die ersten, frühen Aquarelle von Christel Fetzer. Ein offenes Fließen, das im Gestischen Psychisches freisetzt. Dann die Neuorientierung und Festigung: Pigment wird mit Wachs gemischt, aus dem Christel Fetzer massive Blöcke und Balken formt – Farben als Baumaterial zum Legen, Stellen, Schichten. Farbe als Objekt. Doch in Farbwahl- und -komposition steckt immer noch ein pri­vater, persönlicher Rest. Also geht die Künstlerin zu hochglänzenden Lackfolien über, die sie wie Kissenpolster unterfüttert. Sie erschließt sich damit ganze Rauminszenie­rungen zwischen kompaktester Nähe und kühler Abweisung. Mit den ‚Deuserbändern‘ im Vorgebirgspark weitet sie das ins Landschaft­liche aus. An der Identität von Material und industriellem Kolorit hält sie fest. Die Gummizüge pas­sen sich der Sockelform an, ziehen sie vielfach nach – und transzendieren sie durch ihre farbige Aktion. Sie bestätigen ihre Masse und lösen diese gleichzeitig auf. Ein Eingriff, der unsere Wahrnehmung des Parks in farbige Schwingungen versetzt.

Manfred Schneckenburger

Vita

geboren————-am 12.August 1967 in Giengen/Brenz
1993-95
—————Studium bei Prof. Jochen Zellmann
1995-01
—————Studium bei Prof. Reiner Ruthenbeck und Prof. KatharinaFritsch
1999
————– —–Meisterschüler von Prof. Reiner Ruthenbeck
2000
——-    —– —Akademiebrief

————————  –lebt und arbeitet in Berlin

 Auszeichnungen

1994-98—————Hanns Voith – Stipendium

1995——————-Mayer-Preis für junge Kunst

1997——————-Förderpreis des Förderervereins der Kunstakademie Münster

2002——————-Atelierstipendium der Stadt Lemgo und der Staff-Stiftung, Lemgo

 

Ausstellungen (bis 2002)

1997—————— „…zeitweise Kunst“, Ausstellungsprojekt, Münster

————————-ZU DRITT“, Schranne Giengen

————————-Förderpreisausstellung, städt. Ausstellungshalle am Hawerkamp, Münster

1998——————-„Innen/Außen“, Kunstverein Aalen

1998——————-„From Here“, Aukland, Dunedin, Christchurch; New Zealand

1998——————-– Industrie und Handelskammer, Heidenheim

————————-– Rauminstallation mit Beate Gabriel und Renate Colditz,

————————-– Baden-Württembergischen Kinderliteraturtage, Kunstmuseum Heidenheim

————————-– Salon de Printemps, Clichy ; Frankreich (K)
————————-– Botanischer Garten, München (K)
————————--Erdgas Münster, Münster (K)
————————--Galerie Durutti, Stuttgart
————————--Kunstpreis Junger Westen, Recklinghausen (K)
————————--Kunstpreis für junge Kunst, Heidenheim

2000——————-„Klasse“, Ausstellung der Klasse Ruthenbeck im Künstlerhaus Dortmund (K)

————————- „Mit Sicherheit im Zeichen der Burg“ (K)

————————--Meisterschüler in westf. Schlössern

————————--„Many Popins“, Zwischenraumgalerie, Münster

———————- —-Kunstpreis Ökaologie, Nürnberg

2001——————--„Direttissima“, Münster (K) -„Barrakuda“, Wewerka-Pavilon, Münster (E/K)

————————--„Stadtluft“, Produkt-Art, Erdgas MS, Münster (K)

————————-–Surrounded Concrete“,  -Vorgebirgspark-Skulptur 2001, Köln (K)

————————--Avantgarde, Rheda-Wiedenbrück

2002——————--Stipendium Junge Kunst, städt. Galerie Eichenmüllerhaus, Lemgo

————————--„Bigpack“, Kulturbunker, Köln (E

 Link

www.christelfetzer.de

 E-Mail             christelfetzer@googlemail.com

Fon                 0171 – 89 02 260

 

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