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Eine Apsis für den Park

  Streng betrachtet ist Christoph Dahlhausens Eine Apsis für den Park keine Apsis. Eigentlich ist eine Apsis ein klassisches Architekturelement, ein halbkreisförmiger (oder auch mehreckiger) kleinerer Raum, der an einen größeren, dominierenden Raum angebaut wird. Dahlhausens Apsis deutet diese Form an, greift die Rundung auf, wenn auch lediglich als Kreissegment, auch gibt es keine richtige Wand, sondern nur eine in Kopfhöhe verlaufende, 60 Zentimeter hohe, gebogene Edelstahlfläche, die von einer einfachen Baugerüstkonstruktion gehalten wird.

 Eigentlich ist diese installative Arbeit auf dem erhöhten Podest oberhalb des Bassins im Übergang zum Staudengarten eine paradoxe Intervention. Einerseits nimmt sie die Folge der vier Gartenräume des Vorgebirgsparks als Gartenarchitektur auf, indem Eine Apsis … dem nördlichen Abschluss der Anlage im Immergrünen Garten – einem im Halbrund verlaufenden Weg, der früher einmal ein Laubengang war – ein temporäres Gegenüber verschafft. Diesem Wegrund wird durch die Apsis ein im Süden des Parks platziertes Flächenrund als Formecho gegenüber gestellt. Zusammen bilden sie eine imaginäre Klammer für die streng entlang einer durchlaufenden Mittelachse aufgereihten Parkräume. Andererseits macht sich Dahlhausens Apsis unsichtbar. Sie ist, obwohl sie komplett aus Metall gefertigt ist und einen Radius von gut drei Metern aufweist eigentümlich durchsichtig. Sie verschwindet gewissermaßen hinter den Spiegelungen, den Bildern des Parks und seiner Umgebung, die sich in der Metallfläche zeigen. Möglicherweise, wenn Sonnenstand und Betrachterstandort entsprechend koordiniert sind, löst sich sie sich vorübergehend vollständig in schmerzhaft gleißender Helligkeit auf, verschwindet komplett, überstrahlt vom Reflex des gespiegelten Lichts.

Es sind nicht mehr als zwei biegsame, polierte Edelstahlplatten, die mit einer kleinen Überlappung nebeneinander montiert sind. Wahrgenommen werden sie als ein horizontal gestreckter Spiegel, in dem sich aufgrund der Biegung der Fläche alle möglichen Bilder sammeln. Anders als ein planer und damit in seinem Bilderfangverhalten kalkulierbarer Spiegel wildert diese reflektierende Apsis in der Umgebung, überrascht und verblüfft das Betrachterauge mit eigentümlicher Weitsicht, die bis hin zur Umgebungsbebauung, dem Himmel, den Baumwipfeln reicht. Was dieser fast alles sehende Spiegel fängt, verzerrt er. Dies gilt nicht nur für die grotesken Entstellungen der unmittelbar vor dem Spiegel Stehenden. Seine Krümmung verwandelt fast alles Gespiegelte in anamorphotische Phantasmen, verfremdet das alltagsidyllische Parkterrain bis hin zum Rätselhaften, Verwirrenden. Mit jedem Perspektivwechsel kommen an­dere Bilder in den Blick, mit jeder eigenen Bewegung geraten die Spiegelungen in einen äußerst suggestiven, nahezu psychedelisch anmutenden, erstaunlich rasant strömenden Bilderfluss. Diese Apsis verleitet zur Suche nach bestimmten Anblicken, zu augenspielerischen Experimenten mit den vertrauten Gegenständen der Umgebung und dem, was aus ihnen in diesem Zerrspiegel werden mag. Dahlhausens Apsis unterbricht die zuverlässigen, sonst unmerklichen Gewohnheiten des Schauens. Mit diesem schmalen Spiegel- und Sehfeld – nie füllt es den Blick vollständig, stets bleiben ober- oder unterhalb dieses Bildbandes ansehnliche, relativierende Reste des Realen sichtbar – schiebt sich etwas bislang Ungesehenes, Unbemerktes in die Selbstverständlichkeit des Sehens. In der Irritation bemerkt das Sehen sich selbst, erfährt sich als Aktivität und Handlung, als Suchen, Verwerfen, Wählen, als ein Herstellen; es wird (für einen Augenblick der Einsicht) als tätig und zugleich bedenklich erlebt.

 Eine zusätzliche Pointierung erfährt das sich selbst sehende Sehen beim Blick durch eines der zwei Löcher, die links und rechts der Mittelachse eine einäugige Aussicht durch den Spiegel gestatten. Hinter der Konstruktion stehend wird der schaulustige Betrachter zum für andere und sich selbst sichtbaren Voyeur. Klein wie Schlüssellöcher sind die beiden Öffnungen und so sieht (erkennt?) sich der Schauende beim Hinausspähen selbst, gerät sich – die Rückseite spiegelt ebenfalls – in unmittelbarer Weise selbst in den Blick. Gleichzeitig ist auch der Park zu sehen, als Tondo, als rundes Bild, ein wenig fremd und wie aus der Ferne.

 Eine Apsis ist eine Weitung und Erweiterung des Raums. Eine Apsis für den Park weitet den Blick für das (hier) Sichtbare, erweitert das Sichtbare um den Blick auf sich selbst.

  Jens Peter Koerver

Vita

  1960……….geboren in Bonn

 seit 1989…..Ausstellungen im In- und Ausland

 2005/10……Gastdozent an der RMIT University of Melbourne, Australien

 lebt und arbeitet in Bonn

 Einzelausstellungen seit 2004 (Auswahl)

  2004……….Painting by Light, Kunstmuseum Bonn *

 2005……….Painted bythe Light, Museum am Ostwall, Dortmund *

 ……………..RMIT Gallery, Melbourne (AUS) (mit John Nixon)

 2006……….Dialog I, raum2810, Bonn (mit Michael Graeve)

 2008……….reflexions onbothsides, gkg, Gesellschaft für Kunst und Gestaltung, Bonn (mit D, Allsop) *………

 2009……….Light andPanes, Fassaden-Lichtinstallation, Fuhrwerkswaage, Köln

 2010……….Ein bisschen Glanz muss sein, Olschewski & Behm, Frankfurt/Main

 …………shifting continuities, Museum of Modern Art Heide, Melbourne (AUS) (mit D. Thomas)

2012……….Bright Matter, Le Estacion Arte Contemporaneo, Chihuahua (MEX) Pourqoui Pas, Espace Meyer-Zafra, Paris (F)

 ……………..malschaun, Olschewski & Behm, Frankfurt/Main *

 Gruppenausstellungen seit 2004

  2004……….63-04, Neues Museum Weserburg, Bremen *

 2005……….Broken Glass, Glaspaleis, Heerlen (NL) *

 ……………..Atelierhaus im Kunstverein, Kunstverein, Bonn

 2006……….early fabricated, CCN0A, Brüssel (B)

 2007……….composite realities, Centre for Contemporary Photography, Melbourne (AUS)

 …………….. Licht Glas Transparenz, Kunsthalle Dominikanerkirche, Osnabrück *

 2008……….inside out, i.e.-Contemporary Art Projects, Toowomba (AUS)

 2009……….Alles, Wilhelm Hack Museum, Ludwigshafen

 ……………..Konkrete Farbfotoarbeiten, Verein für Aktuelle Kunst, Oberhausen

 ……………..fully booked, Hotel Beethoven, Bonn *

 2010……….Landpartie, Kunstmuseum, Ahlen *

 ……………..COLOUR light TIME, Two Rooms Gallery, Auckland (NZ)

 2011……….COLOUR light TIME, Nellie Castan Gallery, Melbourne (AUS)

 ……………..Geometry seen in recentsound, Kunstruimte09, Groningen (NL)

 2012……….Gallery Abstract, Two Rooms, Auckland (NZ)

 ……………..Lightworks, National Gallery of Victoria, Melbourne (AUS) Punkt.Systeme, Wilhelm Hack Museum, Ludwigshafen *

 ……………..Die andere Seite, Haus Beda, Bitburg *

 ……………..www.christoph-dahlhausen.de

 ……………..www.olschewski-behm.com

 ……………..* Katalog

 

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