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straight edge
straight edge von Sebastian Dannenberg ist eine zwanzig Meter lange, etwa 130 cm tiefe Konstruktion. Die vordere Höhe liegt bei 50 cm, die hintere beträgt gut 90 cm. Es ist eine Art lang gestreckter, schmaler Tisch oder eher ein Display, dessen hintere Partie zur vorderen exakt waagerechten stumpf angewinkelt ist. Diese hintere, rund Zweidrittel der Gesamtfläche einnehmende Zone sieht wie hochgeklappt oder schräg gestellt aus. Diese geknickte Fläche besteht aus mit weißer Fassadenfarbe gestrichenen Seekieferplatten, einem sichtbar rauen, mit diversen größeren Ausflickungen versehen Material, das auch unter dem Namen Konstruktionssperrholz angeboten wird. Diese Fläche ruht auf einer funktionalen Konstruktion aus unbearbeiteten Holzlatten. Die Beine stehen in einem regelmäßigen Abstand, durch den ein Rhythmus und ein Maß für die Längenerstreckung der Konstruktion gegeben sind; Diagonalverstrebungen geben dem Unterbau die erforderliche Stabilität.
straight edge von Sebastian Dannenberg ist eine präzise in die architektonischen Gegebenheiten des Parks eingepasste Konstruktion. Sie bezieht sich in Maß, Form und Platzierung auf die beiden Backsteintreppen, die vom Rosengarten, also der Ebene des Bassins hinauf zum dem Staudengarten vorgelagerten Lindenplatz führen. Die Winkelung der Displayfläche verläuft streng parallel zu Einfassung dieser Treppen, also zunächst horizontal, dann ansteigend. Die Konstruktion berührt diese Einfassung an keiner Stelle. Sie blockiert die (vom Bassin aus gesehen) rechte Treppe zur Hälfte, die linke vollständig. Der Zugang zur zurückgesetzten Treppe außen links, neben dem Lindenplatz ist stark erschwert; lediglich ihr Pendant auf der rechten Seite ist ungehindert zugänglich. straight edge ist eine Sperre. Die Konstruktion stört die Routinewege der Parkbesucher. straight edge stört die strenge Symmetrie dieses Parkteils durch seine tendenziell auf den linken Bereich des Geländes orientierte Platzierung und Erstreckung. Hierbei irritiert besonders der linke, einen Treppenzugangsweg verstellende Teil der Konstruktion, der hier notwendig bis an den Rand des Wegs gezogen ist, um eine den Parkraumdimensionen angemessene Größe zu erreichen. Andererseits entspricht straight edge mit seiner markanten Horizontalität den zahlreichen langgestreckten Waagerechten der umgebenden architektonischen Elemente (Mauern, Bassineinfassung), fügt sich in dieser Hinsicht in die Struktur des Ortes ein.
straight edge ist der Name einer Konstruktion von Sebastian Dannenberg. Wörtlich übersetzt heißt es soviel wie „gerade Kante“, im übertragenen Sinne bedeutet es „nüchterner Vorteil“. straight edge ist eine Strömung innerhalb der Punkszene, ein über Musik und Kleidung hinausgehende Lebenshaltung, die vor allem durch den Verzicht auf eine promiske Lebensweise, Drogen und Alkohol geprägt ist. Zudem kann der Titelbestandteils „straight“ soviel wie „gerade, grundehrlich, aufrichtig, tatsachentreu, klar, einfach, ernst“ heißen.
straight edge von Sebastian Dannenberg ist eine Konstruktion, die eine Malerei ist. Sie stellt einen einfarbigen Pinselstrich aus. Es handelt sich um einen fast die ganze Länge des Malgrundes einnehmenden Farbzug, ausgeführt mit Kunstharzlack in Reinorange. Diese mit breitem Quast gesetzte Bahn markiert den Bereich der Falz, betont die Spezifik dieser Konstruktion. Der Malzug hat eine definierte Länge, einen Anfang und ein Ende. Sein Abstand zur rechten Schmalseite des Malgrundes ist rechts deutlich größer als der zur linken Seite, was die die Symmetrie des Parks störende Platzierung nochmals betont.
straight edge von Sebastian Dannenberg ist eine Malerei, die unterhalb der Augenhöhe und parallel zum Boden situiert ist. Sie hat keinen unmittelbaren Kontakt zu einer Wand. Sie hängt nicht, sie steht frei im Raum. Sie ist kein Bild. Sie ist etwas anderes. Es ist eine Malerei, die einfach und unübersichtlich ist. Sie ist nicht auf einmal zu sehen und muss abgeschritten werden. Erst im Vorübergehen zeigen sich zahlreiche Details wie Unregelmäßigkeiten des Malgrundes, Farbtropfen und zufällige Farbspuren außerhalb des Pinselzuges. Sichtbar wird die Abhängigkeit der Farbe vom Licht. Die gemalte Farbe erscheint je nach Sonnenstand, Verschattungen und Lage zum Licht als ein klares, kräftiges Orange oder als ein gedämpftes Rotbraun, sie kann matt oder glänzend sein. Diese differierenden Erscheinungsweisen stehen bedingt durch die Winkelung des Malgrundes unvermittelt nebeneinander. Dieser Pinselstrich ist nichts anderes als ein Pinselstrich in einer bestimmten Farbe. Er demonstriert Malerei. Es gibt keinen (Be)Deutungsspielraum. straight edge ist eine Konstruktion, ist eine Malerei, die an Ort und Stelle als ein Ganzes und in ihren Einzelheiten, ihren (Aus)Maßen, ihrer Ausrichtung am Vorhandenen und unabhängig davon in ihrer nüchtern-schönen Tatsächlichkeit zu sehen ist.
Jens Peter Koerver
Vita
1980……………geboren in Bottrop
2007……………Diplom als Kunstpädagoge
2008 – 2012…Studium an der AdBK Karlsruhe bei Prof. Leni Hoffmann
seit 2012 Studium an der HfK Bremen bei Prof. Stephan Baumkötter
2010……………Stipendium Cusanuswerk, Bonn
2010……………Förderung Ursula Ströher-Stiftung, Basel
2013……………Auszeichnung, Daniel Frese-Preis, Lüneburg
2010……………bis 2012 Mitglied, plan b, Freiburg
Ausstellungen (Auswahl)
2013……………Vorgebirgsparkskulptur, Köln (g)
…………………..Wandstücke, Galerie Barbara Oberem, Bremen (g)
…………………..Bob’s Service, Wuppertal (g)
…………………..trailerpark, adhoc, Bochum (e)
…………………..Bremer Förderpreis, Städtische Galerie Bremen (g)
2012……………Regionale 13, Kunstraum Riehen, Basel (g)
…….. …….[balk], Bern (e)
…………………..PMB-Kunstpreis, Große Kunstschau, Worpswede (g)
…………………..Warteraum, HfK Bremen (g)
…………………..UPPER, GaDeWe Bremen (e)
2011……………X, plan b, Freiburg (g)
…………………..regionale 12, La Kunsthalle, Mulhouse
…………………..& Kunstraum Riehen, Basel (g)
…………………..room 24, Freiburg (e)
…………………..young at art, Zürich (g)
…………………..(e = Einzelausstellung)
…………………..(g = Gruppenausstellung)