BILDERGALERIE

Zeichnung Nr. 3

Eine plastische Zeichnung ist die Arbeit von Karin Lingnau. Leuchtend grüne Bänder sind etwa zwanzig Zentimeter über Rasenflächen gespannt, erstrecken sich bis auf die Wege des Rosengartens im Vorgebirgspark. Einfache Holzpflöcke fixieren die als Linien der Zeichnung fungierenden Bänder, sie bilden die Eckpunkte der einzelnen Formen, ermöglichen Richtungswechsel, sie könnten gärtnerisches Werkzeug sein. Pflöcke und Bänder, ebenso das Formvokabular lassen zunächst an Bauvorbereitungen denken. Mittels Linien und Winkeln wird eine Planung ins Gelände eingetragen, Zeichnung Nr. 3 gibt, so gesehen, einer zuvor in Rechnern, Köpfen und auf dem Papier vorhandenen Konstruktion eine räumliche Gestalt, ein konkretes Maß. Vorzustellen wäre, dass aus diesem Liniengerüst weiteres entstehen könnte, sich etwas Dreidimensionales entfalten ließe. Wie diese virtuellen, imaginierten Gebilde aussehen würden, bleibt offen. Als Impuls und Möglichkeit aber sind sie in der Arbeit von Karin Lingnau angelegt.

Die Linien, Bänder werden bei Sonne durch ihren Schatten wiederholt, es entsteht ein unbuntes Doppel der materiellen Zeichnung auf dem Rasen, den Wegen, während sich das künstliche, stets leuchtende Grün des Bandes, abhängig von seiner Winkelung zum Licht, als ein überraschend variantenreicher Ton präsentiert, der von hellem, flirrendem Gelbgrün bis hin zu dunklen Nuancen reicht, was die tatsächlich einfarbige Zeichnung mehrfarbig erscheinen lässt. Auch wenn dieses vielfältige Grün seine artifiziellen Qualitäten stets behält, so harmoniert es doch mit dem Grün des Grases. Ebenso findet die Farbigkeit der Zeichnung ein Echo im modrigen Wassergrün des Bassins, dem Grün der Seerosenblätter, wie auch das Flattern des Bandes im Wind, das die Zeichnung stellenweise unscharf werden lässt, mit der sich kräuselnden Wasseroberfläche korrespondiert.

Als geometrische Konstruktion aus lang gestreckten Dreiecken und unregelmäßigen Vierecken tritt Zeichnung Nr. 3 in Beziehung zum umgebenden Park. Diskret und leicht, zugleich den Eindruck von Komplexität vermittelnd ist die Arbeit in diesen Teil des Parks eingefügt. Sie besetzt mit einem materiellen Minimum zwei Zonen beiderseits

des Wasserbeckens, fasst dieses effizient ein und dank der Präsenz dieser großflächigen, transparenten Zeichnung prägt sie auf zurückhaltende und doch nicht zu übersehende Weise den Rosengarten.Der Schauplatz dieser Arbeit ist bestimmt von rechteckigen Rasenflächen, einem strengen Wegeraster, Symmetrien. Wie im ganzen Park durchdringen sich auch hier Natur und Kultur, ermöglichen sich wechselseitig. Zeichnung Nr. 3 legt über dieses Gefüge eine weitere Ebene. In einem kurzen Text erläutert die Künstlerin diese (visuelle und konzeptuelle) Überlagerung verschiedener Bereiche als einen Aspekt ihrer Intervention, erweitert sie durch Hinweise zur Genese ihrer Zeichnung: „Arbeitsgrundlage für die Zeichnungen sind architektonische Konstruktionen, sowie Grundrisse und Schnittpläne virtueller Konstrukte, definiert durch Gitter, Linien und Punkte. Die Zeichnung ist Schnittplan, der sich als dritte Ebene über die schon vorhandenen Ebenen von Natur und Kultur legt. Zeichnung wird Skulptur.“

Diese Zeichnung selbst ist nicht gegenständlich lesbar, die angedeutete Herkunft des Motivs bleibt offen. Abstrahierende Modelle und vereinfachende Konstruktionen als Basis und Referenz der plastischen Zeichnung aber sind ablesbar. Wichtiger ist der Aspekt der Übertragung, der Transformation von einem Bereich in einen anderen. Die sich mit der Umsetzung des computergenerierten Formmaterials in die konkrete Situation des Parks, der Verwirklichung als materiell greifbares Werk ergebenden Veränderungen, die sowohl dieses immateriale Konstrukt wie auch den Ort betreffen. Umgebung und Umgebenes beeinflussen sich wechselseitig. Der Raum ist kein Neutrum, vielmehr wird dieser geprägt von dem, was sich in ihm ereignet und ebenso ist das dort (als Kunstwerk, als Plan, als Idee und Möglichkeit) Eingefügte keine starre Größe wie Karin Lingnau erläutert: „Das Prinzip der Übertragung aus einem System ins nächste ist die Grundlage zur Bildung veränderter Formen und der Betrachtung ebendieser Formveränderung. Übertragung bedeutet Transfer und damit auch Transformation.“

Jens Peter Koerver

VITA

Vita

1971 geboren in Köln

lebt und arbeitet in Köln

2009—————-Künstlerisch-wissenschaftliche Mitarbeit KHM Köln

2005-2008———Postgraduierte an der Kunsthochschule für Medien KHM Köln

1997-2005———Produkt Design, Hochschule für Gestaltung Karlsruhe

———————-freie Mitarbeit ZKM, Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe

2001-2002———Concept Design, Design Academy Eindhoven

———————-Gastsemester Hochschule der Künste Utrecht, NL

Einzelausstellungen

2008—————-Trojan, Moltkerei Werkstatt, Köln

2007—————-SARoskop, Moltkerei Werkstatt, Köln (mit Martin Hesselmeier)

Gruppenausstellungen (Auswahl)

2008—————-Kölner Designpreis, Museum für angewandte Kunst Köln

———————-Spielregeln, Kulturbunker, Köln

———————-Spectropia, RIXC Media Space, Riga

———————-play08, Creative Gaming Lab, Potsdam

———————-Dislocate 08, Festival for Art, Technology and Locality, ZAIM, Tokyo

———————-Paradoxien des Öffentlichen, Lehmbruck-Museum Duisburg

———————-zur-Zeit-Köln, Künstlerhaus Palais Thurn und Taxis, Bregenz

———————-08 „conspire …“, Haus der Kulturen der Welt, Berlin

2007—————-a-m-b-e_r-festival, body-process-art, Istanbullab30, 6.

———————-augsburger kunstlabor, Augsburg

———————-Transitio_MX, Centro Nacional de las Artes, Mexico City

———————-Cybersonica07, Kinetica Museum, London

———————-XXX-Pilotin, Trinitatiskirche, Köln

Preise und Auszeichnungen

2008—————-Honorary Mention Digital Sparks 08

———————-Gold Award Danfoss Art Award, Nordborg

2007—————-Special Award Paradoxien des Öffentlichen – Kunst im öffentlichen Raum, NRW

———————-Special Award Hunt for This Century’s Leonardo da Vinci, Osaka

———————-Honorary mention Transitio_MX, Centro Nacional de las Artes, Mexico City