BILDERGALERIE

early bird

Wie aus geringer Höhe herab gefallen und nicht ganz präzise gelandet steht early bird von Klaus Schmitt auf dem bepflanzten, das Zentrum des Skulpturengartens markierenden Rondell. Auch scheint die Skulptur ein wenig zu groß zu sein für dieses eingefasste Beet, das nun wie ein überforderter Sockel aussieht. Knapp ist die Mitte verfehlt, ebenso verweigert sich early bird den Verführungen der symmetrischen Anlage dieses Gartens: ein wenig aus der vermeintlichen Idealposition gedreht und leicht schief steht der Kubus auf diesem Rund. An einer Ecke lastet die ganze Konstruktion auf einer einzigen Strebe, sie allein hält early bird in einer prekären, labil erscheinenden Schieflage, erzeugt mit diesem Balancedetail eine erstaunliche Spannung und unterstreicht zugleich die dezent groteske Komik der Arbeit. Von Anfang an gehörte diese Schräge zum Konzept des Künstlers, in ihr deuten sich Bewegungsmöglichkeiten, die Option zur Veränderung an, die auch im Titel early bird in einer Nebenbedeutung des eigentlich gemeinten frühen Vogels und Frühaufstehers mitschwingt. Als early bird kann eine Art Prototyp bezeichnet werden, also eine Stufe der Produktentwicklung, die Züge des Fertigen und Unfertigen vereinigt, weiterhin offen ist für Ver¬änderungen. Auch wurde 1965 ein Satellit „early bird“ genannt, was die Assoziation eines nicht ganz glücklich gelandeten Flugobjektes unterstützt.
Kennzeichnend für diese wie für andere Arbeiten von Klaus Schmitt ist ihre Nachvollziehbarkeit. Kein Aspekt der Konstruktion, der nicht sichtbar wäre, kein Detail ist verborgen. Nicht nur hinsichtlich solcher Transparenz folgt early bird grundlegenden Ideen der Architekturmoderne. Auch der pragmatische Einsatz von vorbereiteten Modulen könnte in diesen Zusammenhang gestellt werden. Hier sind es die gleiche Maße aufweisenden Rahmen aus verschraubten Dachlatten, die miteinander verbunden ein Gerüst bilden – eine gleichsam plastische Raumzeichnung

– dass durch die Vorblendung gleichgroßer Platten stabilisiert und erst eigentlich zum Volumen, zum Körper wird, der einen Raum formt, ohne ihn zu verschließen. Unfertig erscheint diese Hülle zunächst, das Verhältnis von durchlässigen, die Sicht ins Innere erlaubenden Zonen wäre möglicherweise zugunsten einer geschlosseneren, dichteren Beplankung erweiterbar. Tatsächlich fehlt nichts, das Gegebene genügt vollständig, bildet einen offenen, beim Umschreiten der Arbeit immer wieder andere Ein- und Durchblicke ermöglichenden Raumkörper, early bird ist ein präzises, wohl erwogenes Pro¬visorium: groß und doch leicht, offen und zugleich kompakt, genau und improvisiert, in sich ruhend und veränderungsbereit…
Die Arbeit von Klaus Schmitt ist ein Grenzgänger (oder ein Verbindungsstück) zwischen Plastik, Malerei und Architektur, vereinigt Aspekte aller drei Gebiete. Damit einher geht seine Position zwischen möglicher Funktion und Autonomie. Wie ein schützendes Gehäuse umgibt es das im Zentrum des Rondells wachsende Schilf und geht doch weit über solche Nützlichkeitsvermutungen hinaus. Ähnlich mit den Möglichkeiten spielend zeigt sich die farbige Fassung der Holzflächen. Mit großzügiger Geste wurde in mehreren Schichten mittels eines Besens Farbe aufgetragen. Das lichte Grau differenziert sich in diverse Nuancen; aus bestimmten Blickwinkeln sind die stellenweise verwendeten Perlmutt- und Silberpigmente zu sehen; einige Partien weisen zudem gesprayte Linen auf. Beiläufig gerät diese zwischen Anstrich und Malerei angesiedelte Bearbeitung in den Blick, ohne dass eine Entscheidung für diese oder jene Zuschreibung fällt, fallen müsste. Diese Offenheit und Bedeutungsfülle gilt für alle Aspekte der Arbeit. Was sie ist, sonst noch sein kann, ergibt sich durch die Sorgfalt unseres Schauens.

Jens Peter Koerver

VITA

Vita

1955—————geboren in Korschenbroich

1973 —————Abitur in Mönchengladbach

1973 -1983——–Studium in Aachen und Düsseldorf Meisterschüler bei Prof. Günther Uecker

Stipendien und Preise

1982—————Stipendium PS1 New York

2005—————Arbeitsstipendium Kunstfonds Bonn

Einzelausstellungen (Auswahl)

1982—————Galerie Löhrl, Mönchengladbach

1983—————Städtische Galerie Regensburg

1988—————Neuer Aachener Kunstverein

1990————— Galerie Ursula Waldbröl, Düsseldorf

1993————— Dortmunder Kunstverein

1995————— Städtische Galerie Villa Zanders, Bergisch Gladbach

1998—————Galerie Erhard Klein, Bad Münstereifel

2000————–Galerie Heinz Holtmann, Köln

2004—————Museum Katharinenhof, Kranenburg

2006 ————–Kunsthaus Villa Jauss, Oberstdorf

2008—————Mies van der Rohe Haus, Berlin

———————Galerie Christian Lethert, Köln

Adresse

Bergerstraße 48

41068 Mönchengladbach