BILDERGALERIE

Tatort Park

Die Spurensicherung ist (war) schon da, und das große Rasenstück – eine Zeichnung auf Zeit – zeigt, was dort gewesen ist. Konturen, geschlossene Umrisse, die die Größe und Lage von Körpern und Dingen nachzeichnen – Tatortbilder, wie sie zu den Standardsituationen der unterhaltenden TV-Kriminalist!k gehören (tatsächlich aber in der polizeilichen Arbeit schon lange nicht mehr verwendet werden). Die Rasenfläche als Schauplatz eines schweren Verbrechens? Der Titel der Arbeit von Trash/Treasure – Tatort Park -legt dies nahe; Spuren finden sich zuhauf und es gilt, sie zu lesen und Schlüsse zu ziehen.
Manche weiß umschriebene Form bleibt zunächst rätselhaft, andere sind klar und deutlich: Liegende etwa sind leicht zu erkennen, entspannt wie beim Sonnenbad oder Dösen. Auch Gegenstände lassen sich schnell identifizieren: Ein Federballschläger ist so deutlich wie ein Buch, eine Zeitschrift, eine Kreisfläche könnte ein Ball oder eine Frisbeescheibe sein. Die Lektüre organisch-abstrakter Formen setzt etwas Übung voraus, denn allein, was den Rasen berührt, wird von Trash/Treasure mit einer weißen konturierenden Linie festgehalten. Als strenge und konsequente Dokumentaristinnen richten sie ihr Augenmerk allein auf die tatsächlichen Kontaktflächen zwischen Boden und Körpern oder Dingen. So bleibt es mitunter bei fragmentarisch anmutenden Gebilden, bei isolierten Händen und Füßen. Trotzdem deutet nichts auf ein Verbrechen hin, eine Untersuchung findet gleichwohl statt.
Tatsächlich handeln alle diese summarischen, auf alles Individuelle verzichtenden Zeichnungen von den vielfältigen Aktivitäten, zu denen der Park im Sommer einlädt, die teilweise hier erst möglich werden: Spiel und Sport, Kommunikation, Unterhaltung, die Zubereitung von Speisen und deren Verzehr, Erholung und Entspannung, allein, zu zweit oder in Gruppen.

Alle möglichen Tätigkeiten und sozialen Konstellationen lassen sich in Tatort Park ablesen. Diese künstlerische Feldforschung macht augenfällig, wie sehr sich – solange die Witterung es zulässt – viele Aktivitäten aus dem privaten, also blickgeschützten und isolierten Innenraum in den öffentlichen, einsehbaren Au-ßenraum des allen zugänglichen Parks verlagern, wie hier zeitweise die Grenzen zwischen dem Privaten und Öffentlichen verschwimmen. Die Zeichnung präsentiert ein Stück Alltag, macht das Selbstverständliche und also Unbemerkte, Un-spektakuläre sichtbar und ist darin durchaus typisch für Trash/Treasure, die in einer umfangreichen Werkgruppe sogar dem Staub eine verblüffende Aspektfülle abgewonnen haben.
Tatort Park kann auch verstanden werden als Tätigkeitsort: Trash/Treasure haben ihre Arbeit nicht als ein fertiges, abgeschlossenes Werk konzipiert, vielmehr ist es gedacht als eine während des einen Ausstellungstages in Kooperation mit den Besuchern entstehende Zeichnung. Die Parkbesucher sind eingeladen, sich den beiden Künstlerinnen als Modelle zur Verfügung zu stellen, vorübergehend in einer typischen Haltung zu verharren und diese von Trash/Treasure mittels Kalkmilch und Pinsel festschreiben zu lassen. Im Laufe des Tages wird sich die grüne Rasenfläche allmählich füllen, bis sie vielleicht ganz mit einem unre¬gelmäßigen Muster weißer Umrisse von Dingen und Körpern überzogen ist. Dann wird die Spurensicherung ihr Werk getan haben. Was das Bild festhält, ist ein sichtbarer Ausschnitt aus der großen offenen Erzählung des Alltags; hier handelt sie von den an- und abwesenden Besuchern und Nutzern dieses öffentlichen Parks und seines alltäglich-sommerlichen Gebrauchs. Nun gilt es die Spuren zu lesen, bevor der Regen sie nach und nach wieder verwischt.

Jens Peter Koerver

VITA

Trash/Treasure

1993 auf der A2 geboren, ist das Gespräch zwischen Bea T., Studium Soziologie, Politologie, Germanistik, Philosophie, Promotion 1993, freie Künstlerin und Ina T., Kunst- und Designstudium an der Bezalel Kunstakademie, Jerusalem, freie Künstlerin.

Einzelausstellungen (Auswahl)

1995    FREDS Gallery Club, London/GB ++ 1996 PPS Düsseldorf ++ 1997 Städtische Galerie CASA ABADIA, Castellö/E; Galerie Octubre, Castellö/E; Altstadt Herbst Festival, Düsseldorf++ 1999 Museum Abteiberg, Mönchengladbach; Glaspalast, Cultura Nova Festival, Heerlen/NL; Galerie 18, Reykjavik/IS; Museum Kopermolen, Vaals/NL ++ 2000 Traders Pop Gallery, Maastricht/NL ++ 2001 ARTBOX, Frankfurt am Main; Kyoto Art Center, Kyoto/J ++ 2002 Museum Goch; Siegerlandmuseum/ Haus Oranienstrasse, Siegen; Schloss Agathenburg, Stade; Galerie Epikur, Wuppertal ++ 2003 Universitätsgalerie Münster ++ 2004 ESA Darmstadt; Pumpwerk/Kunstverein für den Rhein-Sieg-Kreis, Siegburg; Galerie Kunstwerk, Wiesbaden; Galerie Projetdeux, Köln ++ 2005 Oberlandesgericht Köln; Contemporary Art Center Pi ARTWORKS, Istanbul/TR ++ 2006 Moltkerei, Photoszene 2006, Köln ++ 2007 Praetorium, Köln ++ 2008 Moltkerei, Köln; Danon Gallery, Tel Aviv/IL

Gruppenausstellungen/ Teilnahmen (Auswahl)

1995 Internationale Konferenz ‚Einstein meets Magritte‘, Brüssel/B ++ 1997 Musee des Beaux-Arts, Verviers/B ++ 1999 Forum für Kunst und Kultur, Herzogenrath; Ludwig-Forum für Internationale Kunst, Aachen ++ 2000 Künstlerforum, Bonn; Energie-Forum-Innovation, Bad Oeynhausen; Internationales Kurzfilmfestival Stralsund; London Biennale 2000, London/GB; Kunstverein Heinsberg ++ 2001 Kunst Köln, Artakut; Art Frankfurt, ArtBox; Nassauischer Kunstverein, Wiesbaden ++ 2002 Kunst Köln, Artakut; Art Frankfurt, Galerie ARTicle; Bielefelder Kunstverein ++ 2003 PP Festival Maastricht/NL; AE Festival Belgrad/SRB; Kunst Köln, Artakut; Galerie ARTicle, Köln ++ 2004 Art Frankfurt, ArtBox; Galerie ARTicle, Köln ++ 2005 Wissenschaftszentrum Umwelt der Universität Augsburg; paper art 9, Leopold-Hoesch-Museum, Düren ++ 2006 Museum Goch; Umweltbundesamt, Dessau; Cologne Fine Art, ArtBox; Galerie Oliver Henn, Maastricht/NL ++ 2007 Walkmühle, Wiesbaden; Artemiade, Köln; Galerie Oliver Henn, Maastricht/NL ++ 2008 Temporäre Gärten, Aachen

www.trashtreasure.de

Adresse

Bernhard-Feilchenfeld-Straße 13

50969 Köln