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2008

By 20. Oktober 2013Oktober 29th, 2013Presse

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2008——————————–atelier, Ausgabe 156

 Alle Jahre wieder -Kunst im Park

 Konventionelle Ausstellungsmöglichkeiten für Bildhauer sind dünn gesät, und so ist es sinnvoll, neue Wege zu beschreiten und nach alternativen Kunstorten Ausschau zu halten

 Kunst im öffentlichen Raum, nach wie vor meist stiefmütterlich behandelt und häufig Anlass verbaler und physischer Angriffe, war im Februar diesen Jahres Thema eines Symposiums, welches vom Kunstbeirat der Stadt Köln organisiert wurde. Der Debatte über Kunst im öffentlichen Raum sollte somit „neuer Schwung“ verliehen werden. Abgesehen von der Kölner Situation wurden dem Kunstbeirat vergleichbare Gremien im In-und Ausland vorgestellt, die Kunstprojekte im öffentlichen Raum in vorbildlicher Weise ideologisch und finanziell fördern.

 Der häufig in größeren Städten eingerichtete Kunstbeirat bzw. die Kunstkommission berät als ständiges Gutachter-Gremium den Rat und seine Ausschüsse sowie die Bezirksvertretungen in allen Fragen von Kunst im öffentlichen Raum. In manchen Städten tritt der Kunstbeirat erst bei einer permanenten Aufstellung von Kunst in Erscheinung, in anderen hingegen auch schon bei einer temporären Aktion.

 Als immer wieder problematisch bei der Aufstellung von Kunst im öffentlichen Raum stellt sich das Problem der Wartung und Instandhaltung permanent aufgestellter Kunstwerke sowie des Vandalismus. Der Künstler Ulrich Rückriem kann ein Lied davon singen und nähert sich jedes Mal mit einem Gefühl von Unbehagen seinen vor etlichen Jahren installierten Skulpturen. „Wie mögen sie jetzt wohl aussehen?“ So schreibt er im Katalog der Ausstellung „Skulptur. Projekte in Münster 1997″: „Kunstobjekte im öffentlichen Raum, von der Bevölkerung akzeptiert oder nicht, unterliegen ebenden gleichen Bedingungen wie Telefonhäuschen, Parkbänke oder Blumenbeete. Sie sind dem schnellen Verfall durch Wind und Wetter, nachlässiger Pflege und Vandalismus, oft bis hin zur völligen Zerstörung, ausgeliefert. Diese Schwierigkeiten haben mich dann bewogen, teilweise den Rückzug in den Innenraum anzutreten.“ Und weiter führt er an: „Kunst im öffentlichen Raum auf Zeit wäre eigentlich der beste Ausweg?!?!“

 Dies scheint auch die „Interessengemeinschaft Kunst im Park“ erkannt zu haben, die 1999 von einigen Kölner Kunstfreunden ins Leben gerufen wurde, um Künstlern für einen Tag die Möglichkeit zu bieten, ihre Arbeiten im Kölner Vorgebirgspark zu präsentieren. Die schönen farbigen Folder hingegen, die die Aktionen der einzelnen Künstler dokumentieren, haben weiterhin Bestand.

 In den Spielregeln der „IG Kunst im Park“ steht unter anderem: „Das Projekt ‚Vorgebirgsparkskulptur‘ hat das Ziel, in einer historischen, öffentlichen Grünanlage der Stadt Köln zeitgenössische Kunst temporär zu präsentieren. Daher sollen die Künstlerinnen und Künstler auf das Charakteristische dieser Grünanlage gestalterisch Bezug nehmen. Alle Kunstwerke, Installationen und Aktionen sollen für diesen speziellen Ort geschaffen werden.“ So findet nun alljährlich an einem schönen Spätsommertag eine eintägige Ausstellung im Freien statt, und wo sonst kann sich Skulptur besser entfalten als im fruchtbaren Dialog mit der sie umgebenden Natur?

 In der Regel gestalten vier Künstler die vier im östlichen Teil des Parks angelegten, axial aufeinander folgenden separaten Gärten. Die Auseinandersetzung mit der jeweiligen Gartenarchitektur stellt für jeden Künstler, der einen dieser Räume gestaltet, eine besondere Herausforderung dar. So bedeckte im vergangenen Jahr der Kölner Künstler Lutz Fritsch die vier Sockel im „Staudengarten“ mit einer dicken Zuckerschicht, die die unendliche Weite der Antarktis symbolisieren sollte, und akzentuierte diese mit winzigen farbigen Metallstelen. Der aus München stammende Kai Richter installierte ein Baugerüst um eine Linde im Südgarten, und die in Aachen lebende Künstlerin Annette Sauermann nahm Bezug auf das ehemalige mit Seerosen bestückte Wasserbecken des Rosengartens und verwandelte dieses mit ihren riesigen, giftgrünen „Sehrosen“ aus Plexiglas wieder in einen Seerosenteich. Ein ästhetisches Erlebnis! Claudia Schmacke aus Berlin „bepflanzte“ den Gehweg des „Baumhofs“ mit prall gefüllten grünen Farbbeuteln, die eine Mischung aus Wasser und mildem Babybad enthielten. Eine originelle Installation, die einen unwillkürlich schmunzeln ließ. Schienen die künstlichen „Grünpflanzen“ doch mit dem natürlichen Grün der Wiese konkurrieren zu wollen. Leider waren nicht alle vorbeischlendernden Spaziergänger von der humorvollen Installation angetan. So schimpfte ein Familienvater lautstark: „Was soll denn das schon wieder? Man könnte genauso gut faule Eier an die Wand schmeißen, das ist heutzutage ja auch Kunst“. Gute Kunst polarisiert eben! Frohgemut und bester Laune radelte ich nach ausgedehntem Kunstgenuss nach Hause. Die Kuratoren hatten wie jedes Jahr eine gute Wahl getroffen.

 Im Allgemeinen werden die Künstler eingeladen, aber es besteht auch die Möglichkeit, sich zu bewerben. Für dieses Jahr wurden Robert Gschwantner, Klaus Schmitt, Trash/Treasure und Christiane Rasch ausgewählt. Aber für 2009 und später ist noch alles offen. Die Kunstaktion dauerte früher ein Wochenende, kostete aber Wachpersonal und so findet sie heute nur noch an einem Tag statt, und Künstler und Veranstalter passen gemeinsam auf. Erfreulich ist, dass die Veranstalter den Künstlern beim Aufbau ihrer Kunstwerke zur Seite stehen.

 insgesamt acht Mitglieder zählt die „Interessengruppe Kunst im Park“, darunter Mitarbeiter des städtischen Grünflächen- und Stadtplanungsamtes, Künstler und weitere interessante Persönlichkeiten der Kunstszene. Es ist sinnvoll, Vertreter der städtischen Verwaltung, insbesondere der obengenannten Ämter, mit einzubeziehen, da diese bei solchen Aktionen federführend sind: das Stadtplanungsamt generell bei der Aufstellung von Kunst im öffentlichen Raum, das Grünflächenamt bei der Aufstellung auf Grünflächen. Auch ein Kurator aus einem ortsansässigen Museum, wie es hier bis zum letzten Jahr der Fall war, der die Katalogtexte schrieb und die Ansprache hielt, ist empfehlenswert. Den Künstlern werden die Materialkosten und die schönen farbigen Folder, die die Ausstellung dokumentieren, bezahlt, und wenn Geld übrig bleibt, ist auch noch mit einem kleinen Honorar zu rechnen. Finanziell gefördert werden die Projekte alljährlich vom städtischen Kulturamt, der zuständigen Bezirksvertretung und weiteren Sponsoren, die unerlässlich sind. Weitere großzügige Geldgeber sind im Übrigen sehr erwünscht!

 in diesem Jahr findet das bemerkenswerte Kunstereignis am Sonntag, den 14. September von 11-18 Uhr im Vorgebirgspark in Köln Zollstock, Eingang Kreuznacher Straße, statt. Unabhängig davon, ob man sich hier bewerben möchte oder nicht, sollte dieses beispielgebende Projekt eine Anregung sein, eine ähnliche Initiative vielleicht in der eigenen Stadt oder Gemeinde ins Leben zu rufen. Am besten ist es, sich in größeren Städten an das jeweilige Kulturamt und in kleineren Gemeinden direkt an den Bürgermeister zu wenden. Notwendige Verwaltungsschritte können somit von dort aus in die Wege geleitet werden. Und schließlich – Grünflächen gibt es überall. Man muss sie nur zu nutzen wissen…

 Iris Bruckgraber

 Ansprechpartner: IG Kunst im Park, Hermann Gellissen, Nikolausplatz 5, D-50937 Köln, Tel. 0221-411103, Email: hermann.gellissen@koeln.de, www.vorgebirgsparkskulptur.de.

 

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Bildtexte

 Claudia Schmacke, „Grünfläche“, Vorgebirgspark Skulptur, Köln 2007 (S. 27 oben)

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Annette Sauermann, „Sehrosen“ (Ausschnitt), Vorgebirgspark Skulptur, Köln 2007 (S. 27 unten)

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Annette Sauermann, „Sehrosen“, Vorgebirgspark Skulptur, Köln 2007 (S. 28 oben)

 Fotos: Iris Bruckgraber

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