Sehrosen
Die Sonne spendet Licht. Infolge der Erdrotation geht es regelmäßig an und aus. Ähnlich zyklisch verändert es die Intensität seiner Strahlungskraft im Wechsel der vier Jahres- und drei Tageszeiten. Ebenso mannigfaltig wandeln sich seine ästhetischen Erscheinungsweisen in der erleuchteten Atmosphäre bei wechselnden Wetterlagen, und lange nach Einbruch der Nacht glimmt es am Himmel nach. Nicht nur Romantiker und Impressionisten haben diese, hier kurz umrissenen lichtkinetischen Phänomene gerne geschildert, sondern auch zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler wie Annette Sauermann machen das Naturlicht (sofern man dessen immaterielle Manifestationen überhaupt so bezeichnen kann) zum ‚Gegenstand‘ oder zum ‚Gestaltungsmaterial‘ ihrer plastischen Kunst. Ja, plastisch! Denn Annette Sauermanns Rauminstallationen, Skulpturen und Wandreliefs vermitteln uns das Phänomen Licht durch luzide Materialien und Formen im Kontrast zu festen; dabei ganz im Sinne von Paul Klees Erkenntnis stehend: Kunst macht sichtbar – und Licht erst recht!
Um das Licht in der Reinheit seiner Wirkungsweise auch formal in Erscheinung zu bringen, gestaltet die Aachener Künstlerin zum Beispiel so genannte plastische „Lichtfallen“, „Lichtspeicher“ und „Lichtkörper“ aus weißem Papier, die sich zurückhaltend auf klare und dienende kubische Formen beschränken und über ihre Titel aussagen, was sie ästhetisch bewirken wollen. Vielfach inspirieren sich die form-minimalistischen ‚Tageslichtrauminstallationen‘ der Künstlerin an charakteristischen Innenräumen und umformen in transparenter Stofflichkeit den realen Schein des lokalspezifisch einfallenden Tageslichts mit dem Ergebnis poetischer Raumwirkung. Auf diese Weise entsteht leicht der Eindruck, das strahlende Naturlicht sei in einer solchen papiernen ‚Formfalle‘ ästhetisch in weißes, von Innen her leuchtendes Kunstlicht verwandelt, ja, durch sie gleichsam materialisiert worden. Diese metamorphotische Lichtthematik zeichnet auch die Arbeit aus, die Annette Sauermann für einen Augustsonntag im „Rosengarten“ des Kölner Vorgebirgspark realisiert.
Der „Rosengarten“ hat seinen Namen aus jenen Zeiten, als sich in seinen historischen Pergolen noch Heckenrosen rankten und im steinplattengefassten Wasserbecken beträchtlichen Ausmaßes sich im Takte der Wellen Seerosen wiegten. Den angesprochenen Dialog von Natur und Kunst, beziehungsweise den von Imitation und Künstlichkeit, stellt die Künstlerin ortsbezogen zur Disposition, indem sie auf der leer angetroffenen Wasserfläche 13 kreisrunde Formen mit einem signifikanten segmentartigen Einschnitt
und einer gering aufragenden Bordwand zu Wasser lässt und am Beckenboden verankert. Bei aller geometrischen Abstraktion wecken die aus giftgrünem und durchscheinendem Plexiglas geformten Schwimmobjekte die Assoziation zu Seerosenblättern. Ihr Auftrieb folgt den archimedischen Gesetzmäßigkeiten und lässt sie nur knapp über die Wasserlinie herausragen – darin ihren natürlichen ‚Vorbildern‘ ähnlich. Den latenten Naturbezug wird selbst der ‚objektiv‘ gestimmte Betrachter erspüren, wenn er sich am phänomenalen Zusammenspiel des glitzernden, im Sonnenlicht bewegten Wasser und dessen Himmelsspiegelungen mit dem geruhsamen Dümpeln der giftgrün leuchtenden Rundformen erfreut. Dabei mag ihm auffallen, wie das natürliche Tageslicht vom farbigen Plexiglas aufgenommen und infolge dessen physikalischer Beschaffenheit und Chemolumineszenz in ein künstliches Leuchtlicht verwandelt wird, das in hellster Intensität über die linearen Formenkanten der Objekte wieder ausgestrahlt wird.
Diese luminöse Wirkungsweise scheint der des Leuchtstoffes Luziferin ähnlich, der in der Natur viele Pflanzen und Tiere zum Leuchten bringt. Also umreißen giftgrün glühende Farblinien, einem intensiven Neonlicht ähnlich, die Konturen der 13 abstrakten ‚Blätter‘ und erwecken den Eindruck, als schwebten sie isoliert von deren plastischen Gesamtformen über dem Wasser. Verzerrt verbinden sie sich mit den Reflexionen und Lichtbrechungen der sachte auf dem bewegten Wasserspiegel schaukelnden Farbkörper, dem diese in ihrer relativen Transparenz ästhetisch nahe kommen, und bewirken eine lebendige Impression, die ganz im Zeichen von Kunst und Licht steht.
Gerhard Kolberg
Vita
1957———- in Essen geboren,
1979-1986—Studium / Visuelle Kommunikation FH Aachen
Lebt und arbeitet in Aachen
Einzelausstellungen (Auswahl)
1990———-Gallery 22. Antwerpen
1992———-Wachsfabrik Köln
—————–Galerie Barbara Gramer Bonn
1993———-Kunstverein Würzburg
—————–Kunstraum Fuhrwerkswaage Köln
—————–Vera Engelhorn Gallery New York
1994———-Kulturforum Alte Post Neuss
1995———-Galerie Barbara Gramer Bonn
—————–Vera Engelhorn Gallery New York
1996———-Galerie Claude Samuel Paris
—————–Galerie Christian Fochem Krefeld
—————–Apollohuis Eindhoven
1997———-Städtische Galerie Schwäbisch-Hall
—————–Galerie Claude Samuel Paris
1998———-APC Galerie Köln
1999———-Galerie Barbara Gramer Bonn
—————–Städtische Galerie Neunkirchen
—————–Elisengalerie Aachen
2000———-APC Galerie Fribourg
—————–Galerie Christian Fochem Krefeld
—————–APC Galerie Köln
2001———-Galerie Claude Samuel Paris
—————–Art Cologne „Köln Skulptur“ (mit APC Galerie), Köln
2002———-APC-Galerie Köln
—————–Kunstverein Friedrichshafen
2004———-Galerie Graus Echt
—————–Grimaldis Gallery Baltimore
2005———-Cultural Foundation Abu Dhabi/Vereingte Arabische Emirate
—————–Galerie Christian Fochem Krefeld
2006———-Marburger Kunstverein Marburg
2007———-Galerie 59 Amsterdam
—————–Galerie 32-34 Amsterdam
Ausstellungsbeteiligungen (Auswahl)
1990———-Suermondt-Ludwig-Museum Aachen
—————–Parkraum Düren
—————–Galerie Frerick Nideggen
1992———-Ludwigforum Aachen
—————–Institut Frangais Aachen
—————–Leopold-Hösch-Museum Düren
1993———-TOTO Superspace Tokio
—————–Japanese-German Center Berlin
—————–Espace 251 Nord Liege
1994———-Kratzenfabrik Schwartz Aachen
—————–Vera Engelhorn Gallery New York
1995———-Kunstmuseum Düsseldorf
1996———-Folkwangmuseum Essen
—————–Art Cologne Köln
1997———-Kratzenfabrik Schwartz Aachen
—————–Kunstverein Aschaffenburg
1998———-Kunstverein Köln-Hürth
—————–Art Zürich
1999———-Ellipse Arts Center Arlington
—————–Goethe Institut Washington
—————–Ludwig Forum Aachen
2000———-Frauenmuseum Bonn
2001———-Gabriele Munter Preis
—————–Kunstkaufhaus Leipzig
2002———-Stadtmuseum Köln
2004———-Martin Gropius Bau Berlin
—————–Art Athina Athen
—————–Frauenmuseum Bonn
2005———Grimaldis Gallery Baltimore
—————-Städtisches Museum Lüdenscheid
2006———-Ludwig Forum Aachen
—————–Stedelijk Museum Roermond
2007———-Galerie 59 Amsterdam, Galerie 32-34 Amsterdam
Preise
1989———-Kulturpreis des Deutschen Gewerkschaftsbundes für Skulpturen Herne
1989———-Förderpreis der Stadt Aachen
1992———-1. Preis der IV. Internationalen Biennale der Papierkunst (Leopold-Hösch-Museum Düren)
1998———-1. Preis „Kunstpreis 3D“ für Installationen und Skulpturen des Kunstvereins Hürth
Adresse
Schurzelterstaße 66
52074 Aachen