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Der Deichmörder

Wenngleich Laubbäume den so genannten Baumhof“ im Vorgebirgspark üppig umgrenzen, so wird sein vegetabiles Karree dem Spaziergänger keineswegs zur ästhetischen Falle. Dennoch ging dieser markanten Topographie im Herbst 2004 ein ungewöhnlicher Fang ins Netz. Wer an diesem beschaulichen Ort auf Jagd war, ist selbst der Künstlerin Frauke Wilken letztendlich ein Rätsel geblieben, denn manchmal werden Ideen und Träume einfach Realität und entfalten unkontrolliert ihre eigene Wirkung. So vermag eigentlich nur der Betrachter Ursache, Phänomen und Wirkung für sich erklären.

Selbstverständlich haben im Park auch Spinnen ihre tückischen Fäden kunstvoll gespannt, jedoch jenes starke und von Baum zu Baum runde dreißig Meter Luftraum überbrückende Seil, das in seiner Mitte ein prall gefülltes Netz hält, lässt, so könnte der Parkbesucher kombinieren, nur an einen außergewöhnlichen Jäger denken. Neugierig nähert er sich dem pelzigen Ding“, das, im pinkgrünen Netzwerk gefangen, 7,50 Meter lang und 1,70 Meter dick ist, das Respekt einflößt, zahlreiche Assoziationen auslöst und zu einigen Deutungen Anlass gibt. Ist es vielleicht ein fliegender Drache aus Urzeiten, der hier erschien und aus der Luft gefischt wurde? Etwa ein gestrandeter Wal? Eher könnte es sich um ein gigantisches Opossum mit buschigem Schwanz handeln. Oder tappte endlich der berüchtigte Deichmörder“ in die Falle, wie mancherorts die an Schutzdämmen nagende Bisamratte genannt wird?

Anfänglich noch von Befremdung und der Frage nach dem Woher belastet, verwandelt sich die surreale Situation bald in ein sympathische und erlösende Heiterkeit erregende, wenn man sich nur traut, das seidige Fell des rundlichen Ungeheuers liebevoll zu streicheln. Erwachsene müssen sich ein wenig recken oder ihre Kinder zum bemitleidenswerten Kuscheltier hinaufheben, das so friedlich scheint, weil es doch gefangen ist. Oder schläft es nur? Ein seelischer Spalt öffnet sich zwischen archaischem Jagdinstinkt und humanem Beschützertrieb. Vernichten oder Erhalten ist hier die existentielle Frage! Ganz geheuer ist die Sache nicht.

Frauke Wilken aus Köln, die Schöpferin des augenblicklich wirklich gewordenen Unwirklichen, entworfen unter dem Eindruck des stimmungsvollen Ortes, spricht mit ihrer metamorphotischen und körperbezogenen plastischen Kunst generell jene kreative Zone an, die zwischen der Abstraktion und dem Natürlichen liegt. Im Betrachter aktiviert ihre tolerante Uneindeutigkeit persönliche Innenwelten, weil dieser sich, wenn einmal angeregt, ein eigenes Bild vom Ungewöhnlichen machen will. So transformiert er im Baumhof‘ das Geschaute entweder mit kindlichem Blick in die Sphären des Märchens und des Phantastischen, oder er sieht real nur das, was er sieht und was es physisch ist. Nämlich ein lang gestrecktes Rundgebilde, handgenäht aus banalem Fellstoff von der Rolle, gefüllt mit mehreren Kubikmetern Styropor, damit es bei aller optischen Schwere leicht im giftgrünen Netz hängt, welches wiederum ganz trivial bei einer Netzfabrik erworben wurde. Geschickte Fachleute hievten das wundersame Objekt mit Seilwinden in die gewünschte luftige Position, wo es am langen Faden schwebt.

Der Fang und das Netz erweisen sich bei genauerer Betrachtung als eine skulpturale Einheit. So umreißen die regelmäßig geknüpften Maschen ausdrucksfördernd das Volumen des Körpers, und der starke Hauptstrang setzt sich, mittig und wirbelgleich über den Schwanz“ verlaufend, im dicken Ankerfaden fort. Netz, Beute und Baumhof bilden für einen Tag ein erlebnisreiches Kunstwerk, das dem Besucher eine stille ästhetische Falle stellt, in die er staunend geht und der er heiter und nachdenklich entgeht. Halali! – oder doch: das arme Kuscheltier?

 Gerhard Kolberg

 Vita

1965———————geboren in Göttingen

1986-92————— Studium der Freien Kunst an der Hochschule für Bildende Künste

—————————-in Braunschweig

1989-90————– –Studium an der Facultat de Beiles Arts in Barcelona/Spanien

Lebt und arbeitet in Köln

Stipendien

1999———————Stipendium, Sympo-Fibres International, Saint-Hyacinthe,

—————————-Montreal/Kanada

2001———————Stipendium der Pollock-Krasner Foundation, New York/USA

Einzelausstellungen (Auswahl)

1993———————Galerie Bassler, Freiburg

—————————–Paläontologisches Museum, Bonn

1993———————Kunstverein Wolfenbüttel mit M. Stuchtey und R.Rohlfing (K)

1995———————Galerie Schneiderei, Köln

1997———————Galerie Schröder, Köln

1997———————Städtische Galerie Villa Zanders, Bergisch Gladbach

1997———————Altes Museum Mönchengladbach mit Rita Rohlfing

2000———————Drahtseilakt“, Gothaer Kunstforum, Köln mit R. Rohlfing (K)

2000———————Galerie Elten & Elten, Zürich/Schweiz

—————————–Die Zweite Haut“, Drochtersen-Hüll/Hamburg (K)

—————————–Touch me“, Bildhauerfoyer, Constanze Pressehaus, Berlin (K)

2003———————Anhänglich“, Sensor-K, Berlin

—————————–Observer“, Gate P, Berlin

Gruppenausstellungen (Auswahl)

1989———————Kulturgut Telefon“, Kongreßhalle Berlin (K)

1991———————St. Peter, Wiener Neustadt/Österreich (K)

1995———————Blaues Wunder“, Kunsthalle DuMont, Köln

1995———————Kalk-Appeal“, Köln-Kalk mit C.Theiß, L Unger,

—————————–Letzter Aufguss„, Wellenbad, Düsseldorf (K)

1998———————Saarlandmuseum, Saarbrücken (K)

1998———————Vierzehn Künstler zum Karfreitag“, Kirchen in der Eifel (K)

—————————–Expression“, Saint-Hyadnthe, Montreal/Kanada

2001———————Skulptur?Skulptur!“, E-Werk Hallen für Kunst, Freiburg

2001———————Galerie Elten & Elten, Zürich/Schweiz

2002———————Wächserne Identitäten“, Georg-Kolbe-Museum, Berlin

Adresse

Nikolaus-Groß-Straße 2
50670 Köln
Tel. 0221/16870475
Mobil 0179/6665582
Kontakt:
mail@frauke-wilken.de

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