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RUX

 Im Südgarten“ des Kölner Vorgebirgsparks wird gebaut! – Doch, da stehen seit gestern drei Baugerüste auf dem grünen Rasen! Na ja, die Gerüstbauer müssen ziemlich unkonventionell arbeitende Leute gewesen sein, aber sehen Sie selbst! – Tatsächlich, die drei Gebilde stehen frei im Gartenraum und werfen Fragen nach ihrem Sinn auf, denn wo ist das Haus, die zu bauende Mauer, an der solche Konstruktionen normalerweise stehen? – Sind die erstaunlichen Baugerüste etwa selber das Objekt der architektonischen Kreativität – ähnlich einem leeren Stuhl, der formal die abwesende menschliche Figur spiegelt?

 Kai Richter weckt mit seinen, zumeist mehrgeschossigen Skelettkonstruktionen zunächst Vergleiche zum Betrieb auf einer ‚Baustelle‘. Schon öfter hat er über die prüfende Verwunderung, ob die eigenwillig montierten Gerüste gerade an diesem speziellen Ort Sinn machen, vielen neugierigen und einsichtigen Menschen zu mancherlei Erkenntnissen über den ‚kontroversen Dialog‘ von konventioneller Gestaltung und moderner Kunst verholfen. Dem Verständnis seiner architektonischen Rauminstallation hilft, wenn man versucht, sie vom suggestiven Vorbild eines profanen ‚Baugerüsts‘ zu lösen und sein Augenmerk auf die eigentümliche geometrisch-konstruktivistische Struktur der ‚Bauskulpturen‘ zu richten, ebenso auf ihre irritierende Korrespondenz bzw. auf ihren erhellenden Kontrast zum – in unserem Falle parklandschaftlichen – Umfeld.

Natürlich lenken die verbauten Materialien wie Stahlrohre, farbig gekennzeichnete Klemmen und Schellen, Keile, Latten, Balken und Bretter auf die professionelle Gerüstbauerbranche hin, aus der sie tatsächlich stammen, wie es die Spuren ihrer mehrfachen Benutzung verraten. Der Düsseldorfer Künstler bekennt sich unverstellt zu seinen Baustoffen, indem er seine Arbeit im Südgarten“ nach dem Hersteller RUX“ nennt. Das Gestalten mit trivialen Gebrauchsobjekten, den sogenannten Readymades und ‚objets trouves‘, hat in der modernen Kunst sowohl zu einer ästhetischen Bewusstseinserweiterung als auch zu einer enormen Beflügelung der künstlerischen Phantasie geführt. Aus ihrem lebensnahen Gebrauchszusammenhang gerissen – was in Kai Richters konstruktiven Arbeiten nur bedingt geschieht! -,erweisen sich solche profanen Dinge plötzlich als Kunstwerke der Massenproduktion oder als assoziationsgeladene Fundobjekte. Fern jeglicher surrealistischen Interpretation übernehmen die unverfälschten Baumaterialien von Kai Richters plastischen Strukturen ihre gestalterische Aufgabe eher entsprechend Picassos lakonischem Grundsatz: Ich suche nicht, ich finde.“ Dieser künstlerische Ansatz korrespondiert auch mit Ulrich Coersmeiers Feststellung hinsichtlich Kai Richters konstruktiver Schaffensweise: Das alles ist kein Zufall, es musste so entstehen.“

 Kai Richter gestaltet wie ein Architekt oder besser, wie ein Bauingenieur. Dazu fällt mir der Vergleich mit jenem gigantischen Baugerüst ein, das Ende des 19. Jahrhunderts beide Türme des Kölner Doms bis hinauf zu den Kreuzblumen umgab. Der Atem stockt förmlich aus Respekt vor der genialen und ästhetisch beeindruckenden Ingenieurskunst. Richter greift dieses konstruktive Bauen auf, gestalterisch aber viel zweckfreier und ironischer, reich an diagonalen, wenngleich auch statisch bedingten Verstrebungen und stützenden Auslegern, darin in kompositorischer Hinsicht beinahe der impulsiven Malerei des abstrakten Expressionismus und partiell sogar der des rayonnistischen Kubofuturismus nahe. Es ist gleich­sam so, als wolle uns Richter durch seine gestalterische Beherrschung des Spontanen die Schönheit des Konstruktiven bzw. des Konstruktivismus umso bewusster machen. Der raumdurchlässigen Leichtigkeit seiner fragilen Stahlskelette und linearplastisch den Raum mal senkrecht und waagerecht ordnenden, mal kreuz und quer rhythmisierenden Strukturen verhelfen die schweren Balken und Planken ‚bildkompositorisch‘ zu partieller Dichte, aber auch zu optischer und physischer Bodenhaftung. Dem gemäß entwickeln sich die dreidimensionalen und erst beim räumlichen Ergehen ästhetisch umfassender erfahrbaren Konstruktionen von einer statischen, sichtlich tragend gestalteten Unterzone aus nach oben hin zunehmend freier, expressiver und offener. Deshalb erscheinen Kai Richters ‚Gerüste‘ wie unvollendet, im Zustand des Entstehens, und laden uns imaginativ zum ewigen Erfinden und Bauen ein.

 Gerhard Kolberg

Vita

 1969—————geboren in München

1998-2004——-Studium an der Kunstakademie Münster und Düsseldorf bei Prof. Joachim Bandau und Prof. Hubert Kiecol,

                         Meisterschüler

Lebt in Düsseldorf

 Einzelausstellungen (Auswahl)

 2000—————-Institut für Rotationsforschung, Kunstverein Greven

2005—————-„Bauskulptur“, Kunstverein Leverkusen, Museum Schloss Morsbroich

2006—————-zweigeschossig“, Fuhrwerkswaage, Köln

2007—————-Fuhrwerkswaage, Köln, One Man Show, Art Cologne

2007—————-Galerie Christian Lethert, Köln (mit Jo Schultheis)

2007—————-H20 / H21″, Kunstverein Mönchengladbach

2007—————-Vorgebirgspark Skulptur, Köln

2007—————-Galerie Sebastian Fath, Mannheim

2008—————-1708 Gallery, Richmond / USA

 Gruppenausstellungen (Auswahl)

 2003—————Bergische Kunstausstellung“, Museum Baden, Solingen

2005—————-Kunststudenten stellen aus“, Bundeskunsthalle Bonn

2005—————-Auch ich war in Arkadien“, Schulstr. Münster

2005—————-Ostbelgischer Kunstpreis, IKOB Museum für zeitgenössische Kunst, Eupen

2006—————-und es bewegt sich doch …“, Museum Bochum

 Stipendien

 2000—————-Kunstverein Greven, Arbeitstipendium

2002-2003——    Cite des arts, Paris, Stipendium der Akademie Düsseldorf

 Adresse

 Werstener Feld 243

40591 Düsseldorf

 

 

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