Text von Professor Zander

Kunststadt Köln?
„Kunst besitzt keine Logik. Sie ist dazu auch im Grunde ungeeignet. Deshalb müssen sich Engagierte und Proselyten finden, die für sie eintreten. Es ist seit langem eine besondere Auszeichnung dieses Parlamentes – des Kölner Stadtrates – vor vielen anderen gewesen, dass es sich immer wieder hat anspornen lassen und dass es selbst Partei ergriffen hat für die Künste, dass es für das Unwägbare und manches Riskante Farbe bekannt hat. Dass sich auch hierfür künftige Mehrheiten finden mögen, ist heute mein herzlicher Wunsch. Kunst ist zwar nicht alles, aber ich glaube in Köln ist es doch so, dass ohne Kunst alles nichts ist.“
Dieses Kredo des ehemaligen Kölner Kulturdezernenten Kurt Hackenberg aus dem Jahre 1967 hat bis heute und auch in Zukunft für Köln Gültigkeit. Aber wo in Köln ist diese Kunst?
Köln ist fraglos die Stadt der Museen. Acht städtische Museen sowie das Diözesan-Museum sammeln, pflegen und zeigen Kunst von der Römerzeit bis in die Gegenwart, unterstützt von ebenso vielen Fördervereinen mit großem Engagement. Köln ist auch die Stadt der Kunstausstellungen. Regelmäßig dabei als die älteste Bürgerinitiative für Kunst in Köln der Kölnische Kunstverein von 1 839 mit seinen international anerkannten Ausstellungen von Gegenwartskunst. Köln ist auch die Stadt der Galerien. Zeitweise gab es in der Stadt und dem nahen Umfeld an die hundert Galerien mit regelmäßigen Ausstellungen von internationa¬len Künstlern.
Köln ist auch die Stadt des Kunsthandels. Besonders durch die jährliche ART CLOGNE, die erste Kunstmesse der Welt, in Köln erfunden, ist die Stadt international als Kunsthandelsstadt bekannt geworden.
Köln ist auch die Stadt der Sammler. In der Stadt und ihrer weiteren Umgebung leben mehr Sammler als im ganzen übrigen Land. Die Anzahl der gesammelten Kunstwerke würde das Fassungsvermögen sämtlicher Museen in Köln bei weitem sprengen.
Köln ist auch die Stadt der Künstler. Einerseits wegen der Galeristen und Sammler, andererseits wegen der Aufgeschlossenheit der Bürger und ihrer typisch kölschen Toleranz.
Ist damit die Frage beantwortet ob Köln eine Kunststadt ist?
Ich habe immer geglaubt, dass man eine Kunststadt daran erkennen kann, dass sie Kunst im öffentlichen Raum zeigt, dass man auf Schritt und Tritt der Kunst begegnet. Dass sie Plätze hat auf denen Kunst „Platz“ hat. Darum hat sich der Kunstbeirat der Stadt, dessen Vorsitzender ich dreizehn Jahre lang war, auch immer redlich bemüht und dabei auch einige Erfolge zu verzeichnen. Aber in einer so großen Stadt ist das wie der berühmte Tropfen auf den heißen Stein.
Selbst private Stiftungen haben das Bild noch nicht entscheidend verändern können. Wir haben zwar jetzt einen Skulpturenpark im nördlichen Bereich des inneren Grüngürtels mit wechselnden Kunstwerken in einer derart offiziellen Umgebung, die eine Auseinandersetzung im Alltag, in der zufälligen Begegnung nicht erwarten lässt. Esist wieder wie ein Museum, allerdings im Grünen.

Wie also könnte die Kunst an die Frau und an den Mann gebracht werden? Wie könnte sie zu einer Auseinandersetzung mit der Umgebung, mit den Nutzern dieser Umgebung führen?
Vor Jahren hat der Kunstsammler und Geschäftsmann Weingarten zwei Skulpturen von Hansgünter Prager gestiftet, die auf dem westlichen Teil des Friesenplatzes aufgestellt wurden und von der Bevölkerung sehr bald den Spitznamen „die Manschettenknöpfe“ erhielten. Und obwohl sie niemanden wirklich störten, entluden sich an diesen Skulpturen heftige Emotionen bis hin zur Bedrohung des Stifters und den Versuch der Zerstörung der Kunstwerke. Was war geschehen? Die Skulpturen mussten als Sündenböcke herhalten für die Mängel an diesem Ort. Der Friesenplatz, auf dem bis zu Ende des letzten Krieg der Kunsttempel des Kunstvereins gestanden hatte, war inzwischen durch Verkehrs- und Stadtplanung in Reststücke des Verkehrs aufgeteilt worden, also in mehr oder weniger große „Verkehrsinseln“. Diese Reststücke noch „Platz“ zu nennen war eigentlich der reine Hohn. Daran hat sich auch bis heute leider nichts geändert, aber nachdem die Kunstwerke repariert und neu platziert wurden, hat man sie akzeptiert, wohl erkennend, dass nicht die Kunst, sondern die Umgebung die Schuld für das Unbehagen trägt. Wie schön wäre es gewesen, wenn die Planung auch zu dieser Erkenntnis gekommen wäre und danach gehandelt hätte.
Ein anderes Beispiel sind die Skulpturen im“Zwischenwerk Vlllb“, der alten Fort-Anlage am Militärring an der Haltestelle Marienburg. Auf Initiative von Jochen Heufelder hatten acht Bildhauer aus Köln oder in Köln lebend in verschiedenen Teilen des sogenannten „Rosen-Forts“ Skulpturen aufgestellt oder angebracht, die durch ihre Anwesenheit einerseits eine große Aufmerksamkeit auf dieses schöne alte Fort lenkten und andererseits durch den Ortsbezug neue Perspektiven eröffneten. Obwohl nur für einen kurzen Zeitraum vorgesehen, stehen die Arbeiten zum Teil noch heute und wurden sieben Jahre lang weder beschädigt noch gar zerstört. Ganz offensichtlich waren diese Arbeiten am „rechten Platz“.
Nun hat sich eine neue erfreuliche Perspektive aufgetan. Eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe hat sich gefunden, die sich zur Aufgabe gemacht hat, Kunstwerke im öffentlichen Raum, im Park zu präsentieren. Deren Mitglieder Dr. Joachim Bauer vom Grünflächenamt, Hermann Gellissen und Hartmut Hoferichter von der Stadtplanung, Reinhard Thon vom Amt für Brücken- und Stadtbahnbau und Jürgen Wulfkühler ebenfalls vom Grünflächenamt haben die Initiative ergriffen und mit den drei Kuratoren Jochen Heufelder, Dr.Gerhard Kolberg und Christian Merscheid als erstes das Konzept von Jochen Heufelder für den Vorgebirgspark, dieses besonders schöne Stück Stadt zu realisieren.
Kunst in der Stadt, im öffentlichen Raum erst macht die Stadt zur Kunststadt. Deshalb können wir nur hoffen und wünschen, dass diese interdisziplinäre Gruppe weiterhin und nicht nur im Grünen, sondern auch innerhalb der Mauern erfolgreich ist, damit Köln zur wirklichen Kunststadt wird.
Erwin H. Zander, Vorsitzender des Kölnischen Kunstvereins, 1999

KUNSTFORUM Aktionen 1999, Band 148

KÖLN: VORGEBIRGSPARK
Der damalige Gartenbaudirektor Fritz Encke gestaltete den Vorgebirgspark in Köln-Raderthal zwischen 1910 und 1914. Mit seiner strengen axialen Ausrichtung und einer Aufteilung in vier „Einzelräume“ war der Park nun Schauplatz eines Künstlerprojekts. An drei Sonntagen im September zu „Kunst gedüngt“, Köln 1999 und Oktober wurden insgesamt acht Künstler mit ortsbezogenen Skulpturen und Installationen dort vorgestellt („kunstgedüngt“). Einige Arbeiten, etwa Keramiken von Heinz Breloh auf vier Steinsockeln, oder eine Installation mit pinkfarbenen Schnüren im Seerosenteich von Andrea Ostermeyer waren nur am Eröffnungstag zu sehen. Die Sockel wurden dann an den anderen Sonntagen von dem Schwerter Bildhauer Thomas Klegin und von der Düsseldorfer Künstlerin Heike Pallanca für jeweils diesen Tag neu bespielt.

Auch der Berliner Performer Julius gastierte mit seiner Klanginstallation nur einen einzigen Tag im Rosengarten, ebenso wie der Kölner Künstler Andreas Kaiser mit seiner Installation. Andere Beiträge hatten eine Laufzeit über die gesamte Projektdauer: Kirsten Kaiser brachte auf einem Spazierweg drei separate Bahnen an, mit Siegerpodesten am Ende – „sozusagen eine „Rennbahn“ für die ,Parkläufer“1. Erich Reusch richtete zwei große Verkehrsspiegel auf ein Blumenensemble, schuf so projizierte „Beetbilder“. Kuratiert wurde das Projekt von Jochen Heufelder („Kunstraum Fuhrwerkswaage“) und Christian Merscheid („Moltkerei-Werkstatt“).

Kölner Stadtanzeiger  (1999-09-24)

„tipps  &  termine“ – Seite 15
TIPP Aktion

im Park: „kunstgedüngt“ –

So lautet der Titel einer herbstlichen Kunstaktion im Vorgebirgspark Köln-Raderthal. Über mehrere Wochen werden speziell für die Örtlichkeit entwickelte Beiträge diverser Künstler die beschauliche kleine Grünanlage interpretieren und mit ungewöhnlichen Akzenten versehen. So hat Kirsten Kaiser eine „Lauffläche“ für Parkläufer installiert, während Erich Reusch mit einer Spiegelkonstruktion ein akkurat angelegtes Blumenbeet fokussiert. Parallel zu diesen gezeigten Arbeiten werden eintägige Kunstaktionen veranstaltet. Im zweiten Teil des Projekts nutzen Andreas Kaiser und Thomas Klegin den architektonischen Rahmen der historischen Gartenanlage für ihre Interventionen. Das Konzept für diesen präzisen Auftritt von Kunst im öffentlichen Raum entwickelte Jochen Heufelder. Zur Eröffnung am Sonntag, 26. Sept., 11 Uhr, sprechen u.a. der Vorsitzende des Kölnischen Kunstvereins, Erwin Zander, und Jochen Heufelder. Die Installationen sindbis 18 Uhr zu besichtigen. Eine dritte Tagesaktion mit temporären Werken von Rolf Julius und Heike Pallanca ist für So., 17. Okt., ab 11 Uhr angekündigt. Vorgebirgspark Köln, Eingang Kreuznacher Straße (SB)

Bildtext
Zwei Straßenspiegel und zwei Laternen auf Masten umrahmen ein Blumenbeet: Installation von Erich Reusch bei der herbstlichen Kunstaktion „kunstgedüngt“ im Kölner Vorgebirgspark