Am Eingang des „Baumhofs“ steht unter Schatten spendenden Laubbäumen ein mobiler, grün-weißer Eiswagen mit der Aufschrift Geiato Promonte, was in künstlerischer Freiheit mit ‚Vorgebirgseis‘ übersetzt werden darf. Giacomo Ferigo, so genannter ‚Eisprofessor‘ und erfolgreicher Padrone des unweit gelegenen Eiscafes „II Gelato“, bietet ab 11:00 Uhr zwei Sorten exquisiten cremigen Speiseeises an – kredenzt in Pappbechern, auf denen die sybillinische Frage gedruckt steht: Wann ist die Eiszeit zu Ende? Angeboten werden Johannisbeereis und Stachelbeereis, zubereitet aus erlesenen Früchten des nahen Vorgebirges, einer lieblichen Endmoräne der letzten Eiszeit. Tom Koesel, ein plastisch arbeitender Wortkünstler aus Köln, der dieses erfrischende Projekt organisiert hat, Regie führt und auch beim Eisverkauf im Park hilft, gibt die erste Kugel Johannisbeereis an die interessierten Besucher des Vorgebirgsparks gratis aus, die zweite aber, nämlich die aus Stachelbeereis, erhalten die Genießer nur dann, wenn sie eine ‚kluge Antwort‘ auf die erwähnte Titelfrage wissen.
Aus Lautsprechern am beschirmten Eiswagen sind seltsam knackende Geräusche zu hören, deren Ursache und störende Bedeutung bei den Eis Schleckenden zusätzliche Fragen aufwerfen und Gespräche auslösen. Rätsel gibt ihnen auch die runde TN-Normal-zeituhr auf, deren schwarze Zeiger futuristisch um 13:13 Uhr stehen geblieben sind, denn spätesten zu dieser Zeit, so lautet Tom Koesels Prognose, werde das gesamte Speiseeis des mobilen Verkaufsstands vom Publikum aufgegessen sein. Aber keine Sorge, hört man Wissende reden. An einem anderen Ort des Vorgebirgsparks, im „Südgarten“, der auf den benachbarten „Rosengarten“ folgt, soll es noch Eis in großen Blöcken geben. Es seien die Knackgeräusche seines Schmelzens, die man über die Lautsprecher am Eiswagen höre! Wer nun als mit einer Kugel Johannisbeereis Zufriedener oder mit einer runden Portion Stachelbeereis Geehrter neugierig im „Südgarten“ auftaucht, kann dort wiederum über Lautsprecher das lobende und fragende Gemurmel der weiteren Konsumenten am
BILDERGALERIE
Gelato Promonte - Wann ist die Eiszeit zu Ende?
Eiswagen vernehmen und gleichzeitig auf ein ungewöhnlich frostigen Kunstwerk blicken. Im mittleren Beet des „Südgartens“ lagern nämlich vier mächtige, je 180 cm lange Eisblöcke in irregulärer Anordnung, die in lesbarer Abfolge das zu kubischen Manuskeln erstarrte Wort ZEIT bilden und das zu ergänzende Wort EIS materiell schon sind.
Die eisige ZEIT verrinnt, die Sekunden tropfen, die Stunden schmelzen dahin. Eine zweite TN-Normal-zeituhr zeigt, stillgelegt, Koesels Weissagung an, dass die im Kühlhaus der Kölner Großmarktfirma MUK in wassergefüllten Holzmodels zu schneeweißen Eisblöcken erkalteten Buchstaben bald unter dem Sonnenlicht eine glasklare Transparenz erlangen und spätestens um 15:13 Uhr total geschmolzen sein werden. Damit wäre die Eis-Zeit im Kölner Vorgebirgspark zu Ende! Hörbar begleitet wurde ihr zunehmendes Dahinschwinden vom professionell in einem Tonstudio belauschten Auftauen eines Eisblocks, von jenen rätselhaften, unheimlichen bis mahnenden Knackgeräuschen, wie man sie bedeutend krachender und Existenz bedrohender auch in den eisigen Weiten Grönlands, der gigantische Eisberge kalbenden Antarktis sowie auf den schmelzenden Gletschern der Hochgebirge vernehmen kann. Denn es ist warm auf Erden geworden und das Eis schmeckt! Wie lange aber bleibt uns noch genügend polares Eis erhalten? Hoffentlich, so könnte eine falsche Beruhigung lauten, noch bis zum 27. August 2106, 15.13 Uhr!
Eis, das sagt uns das ironisch gestimmte Kunstwerk Tom Koesels, bedeutet nicht nur kalte Lebensfeindlichkeit, sondern zeitgleich globale Klimaverträglichkeit und jahreszeitlich reguliert, auch appetitlichen Genuss. Wir brauchen Eis zu jeder Zeit in alimentierenden Dimensionen und Portionen.
Gerhard Kolberg
VITA
Vita
1960—————-geboren in Fürstenfeldbruck
1981-1983—– —Studium an der Albert- Ludwigs-Universität Freiburg
1983-1990———Studium an der Hochschule für Künste, Bremen
1997—————-Publikation „Künstlerhäuser in Deutschland, Österreich und der Schweiz“
2002—————-Publikation „Rheinschiene“, Handbuch zur freien Kunstszene im Rheinland
2003—————-Arbeitsstipendium des „Kulturraum Leipziger Raum“, Sächsisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst
2003—————-und Denkmalschmied Höfgen GmbH für die Studios International, Grimma
2004—————-Publikation „Sächsische Künstlerhäuser“
seit 2004———–Projekt Archiv Künstlerhaus
2005/06 ———–Projektstipendium Kunstkommunikation des DA Kunsthaus Kloster Gravenhorst
Ausstellungen (Auswahl)
1988—————-„Können Spiegeleier Fliegen“, Lehnstedter 62, Bremen (E)
1988—————-„Bodyscape/Landscape“ WDR -Fernsehen, Reihe „Experimente“
1988—————-„Eierkasten“, Galerie Zimmermann Franken, Köln (E)
1989—————-„Das Fool-proof Verfahren“, Galerie Zimmermann-Franken, Köln, (E)
1988—————-„Verschwindet die Schrift ?“, Städtische Galerie, Bremen
1990—————-„Deutscher Verkehr“, Galerie Zimmermann-Franken, Köln (E)
1988—————-„Zur Lage der Nation“, Künstlerhaus Bethanien, Berlin
1991—————-Aktion mit „Begleitbeton“, ART FRANKFURT, Galerie Zimmermann-Franken
1988—————-„Begleitbeton“, KÖLNKUNST 3, (K)
1992—————-„Kreislaufvehikel“, ART COLOGNE, Galerie Zimmermann-Franken
1993—————-„Vehikel / Die Welt zu Ende fahren“, KAOS Galerie , Köln (E)
1988—————-„Konsumsteine“ , ART COLOGNE, Galerie Zimmermann-Franken
1994—————-„Schriftstücke“, ART COLOGNE, Galerie Zimmermann-Franken
1995—————-„Essen und Trinken“, KAOS Galerie , Köln
1996—————-„Was ist, ist wie was nicht ist; was nicht ist, wie was ist“, 68elf – Förderverein junger Kunst, Köln
1998—————-„Zwei Wetterballone“, Projekt LUFT, EXP.I.MAT e.V., Köln (K)
1999—————-„Wohin“, KölnKunst 5, (K)
2000—————-„Two-to-One-Virus – Versuche im Seifkant“, Kunstverein Heinsberg
2002—————-„Aspekte konstruktiver Kunst“, E-Werk – Hallen für Kunst, Freiburg
2003—————-„5 W-Orte“, ECHO – internationales Festival Skulptur und Klang, Denkmalschmiede Höfgen (K)
2004—————-„Was ist eine Schlippe?“, Moltkerei Werkstatt, Köln (E)
2005—————-„KötnKunst in der Kunststation Kleinsassen“, Kunststation Kleinsassen (K)
1988—————-„20×20″, Kunstverein Heinsberg, (K)
1988—————-„PerspektivenOö“, planO5 – Forum aktueller Architektur, Köln
Adresse
Engelbertstraße 65
50674 Köln