Ein Bassin ist kein Aufenthaltsort für ein Bild. Auch wenn es sich mühelos über Wasser hält. Ist es ein Bild? Schwimmt es dort, wo sonst allenfalls Spiegelbilder der Wolken, der Umgebung zu sehen sind? Befremdlich ist der Ort, die Lage, ungewöhnlich der Blick von oben auf ein kaum überschaubares, extrem gestrecktes Geviert, eine Bildstrecke, die Umschriften werden muss, um nach und nach gesehen zu werden, ohne dass es ein klares Oben oder Unten, Links oder Rechts gibt.
Ebenso verblüffend wie der Anblick des auf dem Wasser treibenden Bildgebildes ist das, was es zeigt: Gleichmäßig verteilt auf leicht grünlichem Blau stehen zahlreiche schwarze, klar umrissene Formen. Sie locken das Auge an, beschäftigen es. Es sind starke Formen, biomorphe Gebilde, die ein visuelles Eigenleben führen, die zu Spekulationen, zu überschießenden Assoziationen verleiten, schließlich dazu, mehr zu sehen, als sichtbar ist: Nicht nur der umgebende Park, das Wasser legen es nahe, in ihnen die Silhouetten (Profile oder Aufsichten?) von im und unter Wasser treibenden Tieren, Pflanzen (oder Mischungen aus beidem) zu erkennen. Das Bassin wäre das Habitat dieser phantastisch geformten Gestalterfindungen, die der Natur ohne weiteres zuzutrauen sind. Es könnten erschreckende Vergrößerungen sonst glücklicherweise unsichtbar bleibender Mikroorganismen sein. Oder sind es doch in Lebensgröße dargestellte ausgestorbene oder noch nicht existierende Spezies? Manche der Formen mögen auch an bizarre Profile mit phantastischen Frisuren, an nachtmahrische Gestalten und hybride Phantasmen erinnern; bedrohlich, grotesk komisch, mitunter auch abschreckend wirken sie alle.
Bei aller Unterschiedlichkeit ihrer Größe, der Individualität ihrer Gestalt, sind ihnen doch einige Merkmale gemeinsam, könnten sie als Angehörige einer Familie oder Art verstanden werden, was Volker Sauls Wasserläufer zu einer – seltsam dimensionierten -biologischen Schautafel macht. Es sind die an Flammen, Gefieder oder Tentakel erinnernden, unterschiedlich weit ausgreifenden, stets leicht geschwungenen finger- oder wurzelartigen Extremitäten, die übergehen in gerundete, beulen- und nasenförmige oderwie eingekerbte Umrissverläufe, die an Flossen oder Kämme denken lassen.