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D O G G Y

 Alle vier Teilbereiche der Gartenanlage haben im Laufe der Jahre nur geringe Veränderungen erfahren, im Staudengarten sind diese noch am deutlichsten zu registrieren. So ist die im Zentrum gelegene kreisförmige Schale ursprünglich offensichtlich ein Wasserbecken gewesen, welches nun mit Rosen bepflanzt ist.

 Insbesondere die vier Sockel, paarweise eingefügt in zwei Reihen hochgewachsener Eiben an den Längsseiten der Rasenfläche, zeugen von Veränderung. Zeigten sie früher einmal Tier- und Menschenfiguren (aus Marmor oder Zement) auf Augenhöhe, stehen sie heute nur noch als ungenutzte Postamente in der Anlage. Im Laufe der Jahre fielen die dort gezeigten Kunstwerke der Witterung zum Opfer oder wurden manuell zerstört.

 Für Thomas Klegin war bei seinem ersten Besuch sofort klar, daß er die Sockel nicht wieder im ursprünglichen Sinne bespielen würde. Die Konstellation der vier Postamente erregte seine Aufmerksamkeit. So stellte er sehr schnell fest, dass jeder Sockel nur mit den zwei gegenüberliegenden  korrespondiert, der Blick auf den vierten – auf der gleichen Seite – durch den üppigen Wuchs der Eiben versperrt ist. In der ihm eigenen Präzision überprüfte der Künstler zusätzlich die Maße alle vier Postamente und erhielt seine Vermutung bestätigt: die vier Betonquader haben unterschiedliche Maße. In der Uniformität eine minimale Individualität. Aus welchem Grunde? Zufall? Oder wurden die Sockel nach dem Grundriss der jeweiligen Kunstwerke angefertigt?

 Thomas Klegin setzt das Sockelquartett in eine direkte Korrespondenz. Er nutzt es als Ausgangspunkt, mehr noch als Kraftlager, für eine Verspannung, die das zwischen den Sockeln befindliche Terrain überzieht. Sie besteht aus gelben Gummiseilen, die im Zentrum durch differenzierte Querverspannungen, jeweils in einem Gummiring ähnlichen Objekt endend, bzw. von dort ausgehend, ein Netz bilden. Zahlreiche Gummiseile in unterschiedlicher Länge und darin eingebettet etwa einhundert Gummiobjekte, fangen Kräfte auf, lenken sie um, üben Zug aus, setzen das ganze Netzgefüge in ein ausgewogenes physikalisches Spannungsverhältnis.

 Die Spannseile sind an den vier Enden knapp am unteren Sockelbereich befestigt, wodurch aufgrund der Topographie des Geländes ein Zwischenraum zwischen der Arbeit und dem Rasen entsteht. Auf kurze Distanz überlagert das lockere Liniengefüge die strenge Geometrie der Gartenarchitektur. Für den Betrachter verschieden sich im Umgehen beide Ebenen gegeneinander und ermöglichen so immer neue Konstellationen von Lineatur und Fläche, von Zugseil und Rasengeviert.

 Es hätte nahe gelegen in der Natur – und hierzu gehört der Staudengarten trotz seiner strengen architektonischen Gliederung – dem Netz die Struktur eines Spinnengewebes mit seiner spiralför­migen Ordnung zu geben. Der Künstler widerstand der Versuchung und wählte klug ein Gefüge, welches sich mehr zufällig als geplant vor Ort aus den Kräfteverhältnissen entwickelt. So entsteht eine Arbeit, die in Größe und Platzierung zwar annähernd vorausgeplant ist, in ihrer Erscheinungsform jedoch nur eine von mehreren Möglichkeiten darstellt. Insofern ist der gezeichnete Entwurf für den Künstler lediglich ein Anhaltspunkt. Für die Dokumentation hingegen ist er eine konstruierte Visualisierung, da die Arbeit erst wenige Stunden vor ihrer Präsentation entsteht. Die Zeichnung vermittelt darüber hinaus eine direkte Aufsicht, die vor Ort so nicht möglich ist.

 Das Material ist allgemein bekannt. Die Zuggummis dienen ansonsten der Sicherung von Transportgut, die Gummiobjekte werden im Tierfachhandel als Beißringe für Hunde verkauft. Beißringe sind elastisch, reagieren auf Zug und sind von Elastizität und Dimension her ideale Elemente in der Arbeit. Unweit, auf den angrenzenden Wiesen, werden solche Ringe zum Apportieren geworfen. Der Titel der Arbeit ‚D’O’G’G’Y‘ mag daher rühren. Assoziationen werden hier geweckt.

 Thomas Klegins elastisches Lineaturgespinst setzt die vier Sockel untereinander in eine direkte Beziehung. Jeder fängt die von den anderen ausgeübte Zugkraft auf, jeder ist gleich wichtig. Die Postamente erfahren für einen Tag eine Wandlung. Jeder wird vom ehemals solitären Träger zum Widerpart der anderen und ermöglicht so erst die Arbeit im luftigen Zwischenbereich.

 Jochen Heufelder

Vita

  geboren 1961 in Bochum

1983-90—————–Studium Visuelle Kommunikation an der Fachhochschule Münster (Diplom)

 1988-94—————–Studium an der Kunstakademie Münster bei Prof. Joachim Bandau

 1992———————-Meisterschüler

 1994———————-Akademiebrief

 1999———————-Lehrauftrag am California Institute of the Arts

 —————————–Visiting Artist – Studio Visits – Programm

 1997-2002————Lehrauftrag für Plastisches Gestalten / Angewandte

 —————————–Formgestaltung an der Fachhochschule Dortmund / Fachbereich Design

 2002——————–Vertretungsprofessur für Gestaltungslehre/Plastische

 —————————-Gestaltung an der FH-Niederrhein für Design in Krefeld

 2003——————–Professur an der Hochschule Niederrhein /Fachbereich Design in Krefeld

 Adresse

  Heinrich-Möller-Weg 1

  58239 Schwerte

 

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